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Nahost-Konferenz fordert
Waffenruhe und UN-Truppe

Heftige Kritik an Israel nach der Tötung von vier UN-Soldaten

Rom (dpa/Reuters). Zwei Wochen nach Beginn der schweren Kämpfe im Libanon hat sich die internationale Gemeinschaft gestern in Rom für eine schnellstmögliche Waffenruhe eingesetzt.
Indische UN-Soldaten trugen gestern die Leiche eines getöteten UN-Beobachters in ein Fahrzeug. Insgesamt starben vier unbewaffnete UN-Militärbeobachter durch einen israelischen Luftangriff im Süden Libanons.

Zugleich sprachen sich 20 Staaten und Delegationen in der Nahost-Konferenz in Rom für die Stationierung einer internationalen Truppe unter UN-Mandat aus.
Für Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung müssten humanitäre Korridore eingerichtet werden. Zum wirtschaftliche Wiederaufbau Libanons solle eine Geberkonferenz eingerufen werden, hieß es in einer italienisch-amerikanischen Erklärung nach der Sitzung. Ferner wird die Entwaffnung aller Milizen im Libanon gefordert.
UN-Generalsekretär Kofi Annan rief die Hisbollah dazu auf, ihre gezielten Angriffe auf Bevölkerungszentren in Israel zu beenden. Israel rief er dazu auf, die Bombardierungen und Bodeneinsätze zu stoppen. Der UN-Generalsekretär forderte auch die Einbeziehung von Syrien und Iran in die Lösung der Krise.
Die Bundesregierung hält die Debatte über die deutsche Beteiligung an einer Friedenstruppe für verfrüht, lehnt jedoch einen Einsatz der schnellen NATO-Eingreiftruppe ab. »Erst wenn das Mandat der UN feststeht, kann man darüber nachdenken, wer diese Kräfte stellen kann«, sagte Regierungssprecher Thomas Steg.
Die Tötung von vier UN-Soldaten im Südlibanon durch die israelische Luftwaffe hat scharfe internationale Proteste ausgelöst. UN-Generalsekretär Kofi Annan unterstellte der Armee, die Soldaten »offenbar absichtlich« und in einem »koordinierten« Angriff getötet zu haben. Israel UN-Botschafter Dan Gillerman wies dies als »voreilig« und »falsch« zurück. Bei ihren Kämpfen mit der radikalislamischen Hisbollah-Miliz hatte die israelische Luftwaffe am Dienstagabend einen Beobachtungsstützpunkt der UN-Libanontruppe UNTSO bombardiert und einen Österreicher, einen Finnen, einen Chinesen und einen Kanadier tödlich getroffen. Scharfe Proteste kamen auch aus den Hauptstädten der betroffenen Länder. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert entschuldigte sich förmlich für »den Fehler der eigenen Armee«. Die Regierung wies jedoch den Vorwurf zurück, die Stellung der UN-Soldaten sei absichtlich bombardiert worden.
Bei neuen Gefechten um die südlibanesische Hisbollah-Hochburg Bint Dschbeil hat die israelische Armee die höchsten Verluste an einem Tag seit Beginn ihrer Offensive vor zwei Wochen erlitten. Nach libanesischen Angaben wurden gestern neun israelische Soldaten getötet und mehr als 20 verletzt. Israel will auf der libanesischen Seite der gemeinsamen Grenze eine zwei Kilometer breite Sicherheitszone einrichten. Dieses Gebiet soll bis zu einem Eintreffen internationaler Truppen gehalten werden.
Unterdessen hat das UN-Welternährungsprogramm erstmals einen Hilfskonvoi für den Südlibanon auf den Weg gebracht.
Bei einem israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen sind gestern 14 Palästinenser getötet und 40 weitere verletzt worden. Es war einer der blutigsten Tage seit dem Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen vor einem Monat.
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Artikel vom 27.07.2006