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Israel akzeptiert UN-Truppe

Diplomatische Bewegung im Libanon-Konflikt - neue Angriffe

Jerusalem/Beirut (dpa/Reuters). In die Libanon-Krise kommt elf Tage nach Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen erstmals diplomatische Bewegung.

Die israelische Regierung signalisierte Zustimmung zu einer vorübergehenden Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in den Südlibanon. Die Hisbollah-Miliz stimmte indirekten Verhandlungen mit Israel über einen Gefangenenaustausch zu. Die beiden entführten israelischen Soldaten sind Angaben der libanesischen Regierung zufolge gesund und »an einem sicheren Ort«. Papst Benedikt XVI. rief zu einem sofortigen Waffenstillstand auf. Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der in der Region Möglichkeiten zur Beruhigung der Lage auslotete, äußerte sich vorsichtig optimistisch zu einer ersten Bewegung in dem Konflikt.
»Ich habe den Eindruck, etwas öffnet sich hier«, sagte Steinmeier nach einem Gespräch mit Israels Verteidigungsminister Amir Perez. Eine Beteiligung der Bundeswehr an einer UN-Friedenstruppe ist in der jetzigen Situation indes nicht wahrscheinlich, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Israels Armee und die radikal-islamische Hisbollah setzten ihren harten Schlagabtausch fort. Weitere Truppen marschierten an der Grenze zum Libanon auf. Zahlreiche Libanesen flohen aus Angst vor einem möglichen größeren Bodenangriff aus der Gefahrenzone. UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte vor einer humanitären Katastrophe, sollte der Libanon von israelischen Bodentruppen überrannt werden. Großbritannien kritisierte erstmals das Vorgehen Israels als überzogen.
Die Vereinten Nationen fordern mehr als 100 Millionen Dollar für dringende Hilfen für 500000 Menschen, die innerhalb des Libanons auf der Flucht sind. Die UN wollen nach den Worten von UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland zudem humanitäre Korridore einrichten. Angesichts der anhaltenden Massenflucht auch von Ausländern rief der griechisch-zyprische Präsident Tassos Papadopoulos die Europäische Union auf, seinem Land verstärkt zu helfen. Es wird erwartet, dass der Flüchtlingsstrom nach Zypern in den nächsten Tagen auf 75000 Menschen anschwellen wird. Bisher sind 5000 Deutsche aus dem Libanon in der Heimat angekommen.
Perez erklärte: »Israel unterstützt eine starke internationale Truppe mit einem robusten Mandat im Südlibanon für einen begrenzten Zeitraum, bis die libanesische Armee in Position gehen und auf effektive Weise aktiv werden kann.« Diese Truppe müsse auch gegen Waffenlieferungen aus Syrien an die Hisbollah vorgehen, betonte Perez. Ein robustes Mandat erlaubt Friedenssoldaten auch die Anwendung von Gewalt.
Zum Auftakt seiner Reise hatte Steinmeier in Kairo die Beruhigung der Lage im Libanon als »oberste Priorität« bezeichnet. Übrmorgen nimmt er an einer Nahost-Konferenz in Rom teil, zu der auch US-Außenministerin Condoleezza Rice erwartet wird.
Syrien hat sich nach einem Bericht des Nachrichtensenders CNN erstmals in die diplomatischen Bemühungen eingeschaltet. Demnach gibt es Äußerungen, wonach die Regierung zu Gesprächen mit den USA über eine Beilegung der Krise bereit sei. Seite 2: Leitartikel
Seite 4: Hintergrund

Artikel vom 24.07.2006