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Göhner lehnt Verzicht auf Doppelfunktion ab

»Kein Interessenkonflikt zwischen Mandat und Beruf«

Berlin (dpa/WB). Nach dem Verzicht des CDU-Politikers Norbert Röttgen auf ein BDI-Spitzenamt gerät nun sein Fraktionskollege Reinhard Göhner aus Kirchlengern (Kreis Herford) zunehmend unter Druck.
Göhner müsse sich zwischen seinem Bundestagsmandat und der langjährigen Tätigkeit als Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) entscheiden, forderten vor allem Politiker von SPD, FDP, Grünen und Linkspartei. Göhner lehnte dies gegenüber dieser Zeitung ab.
Der 41-jährige Röttgen war zum Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie gewählt worden. Er sollte das Amt 2007 antreten und wollte sein Bundestagsmandat daneben bis zur nächsten Wahl 2009 ausüben. Nach scharfer Kritik an der geplanten Doppelrolle hatte er am Freitagabend überraschend auf den gut dotierten Verbands-Posten verzichtet. Unions-Fraktionschef Volker Kauder kündigte an, er werde Röttgen im Herbst wieder für sein Amt als Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion vorschlagen. »Ich hoffe, dass alles so bleibt wie vor diesem kleinen Ausflug«, sagte Kauder.
Die Vizepräsidentinnen des Bundestages, Susanne Kastner (SPD), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Petra Pau (Linkspartei) sowie der frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel forderten Göhner auf, sich Röttgen zum Vorbild zu nehmen. »Man kann Lobbyismus und Mandat nicht unter einen Hut bringen, wenn man sein Geld hauptsächlich als Lobbyist verdient«, sagte Göring-Eckardt. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte, Röttgens Rückzieher sei »eine Warnung an alle hauptamtlichen Verbandsfunktionäre im Deutschen Bundestag«.
Göhner wies die Forderungen zurück und erklärte gegenüber dieser Zeitung: »Ich sehe in der beruflichen Tätigkeit neben meinem Mandat kein Problem. Ich bin seit 23 Jahren Mitglied des Bundestages und habe stets neben meiner Abgeordnetentätigkeit eine berufliche Tätigkeit ausgeübt. Sie stärkt meine Unabhängigkeit, und ich kann aus der beruflichen Praxis wirtschaftliche Kompetenz in die Politik einbringen.« Mit seiner Doppelfunktion habe er auch in der Vergangenheit kein Problem gehabt, betonte Göhner und fügte hinzu: »Der Bundestag hat sich Regeln gegeben für die Vereinbarkeit von Beruf und Mandat. Und die halte ich hundertptrozentig ein.«
Für die Entscheidung von Norbert Röttgen, auf den BDI-Spitzenjob zu verzichten, zeigte der CDU-Politiker Verständnis. »Norbert Röttgen hat wohl gesehen, dass innerhalb des BDI offenbar kein hinreichender Konsens bestand.«
Göhner wies auch darauf hin, dass seine Wähler immer seine berufliche Tätigkeit gekannt hätten. »Bei der vergangenen Bundestagswahl habe ich 3,5 Prozent hinzugewonnen, wurde mit 96 Prozent zum Kandidaten nominiert und bin einstimmig zum Spitzenkandidaten der OWL-CDU bestimmt worden.«
Seine Wähler und die Partei akzeptierten seine Doppelfunktion als BDA-Hauptgeschäftsführer und Bundestagsabgeordneter, auch deshalb sehe er keinen Interessenkonflikt. »Ich fühle mich allein meinem Gewissen und den Wählern verpflichtet. Ich entscheide nach meiner Überzeugung und dem, was ich meinen Wählern versprochen habe.«
Kritik an den drei Vizepräsidentinnen des Bundestages übte der stellvertretende Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach. Er warf ihnen Einseitigkeit vor, weil sie sich noch nicht bei den Gewerkschaftsfunktionären gemeldet hätten, die seit Jahrzehnten im Bundestag säßen. Göhner habe aus seiner Tätigkeit nie ein Geheimnis gemacht.

Artikel vom 24.07.2006