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Einmalige Stimme
zu sehr strapaziert

Guiseppe Di Stefano wird Montag 85 Jahre alt

Von Carola Frentzen
Rom (dpa). Zweifellos gehörte der Opernsänger Giuseppe Di Stefano zu den wichtigsten Tenören seiner Zeit, jedoch endete seine Karriere fast so schnell, wie sie begonnen hatte.
Naturtalent: Guiseppe Di Stefano.Foto: dpa

Di Stefano selbst hat den Qualitätsverlust seiner Stimme einmal auf eine Allergie zurückgeführt - Experten sind sich hingegen einig, dass er sich bei seinen Auftritten zu viel abverlangt hatte und damit seine Stimme für immer ruinierte. Nachdem Comeback-Versuche in den 70er und 80er Jahren gescheitert waren, zog sich der ehemalige Opernstar von der Bühne zurück. Mit seiner Frau verbrachte er fortan mehrere Monate im Jahr in seinem Haus in Kenia, wo er 2004 überfallen und schwer verletzt wurde. Seither liegt Di Stefano im Koma. Am Montag wird er 85 Jahre alt.
Bekannt wurde er vor allem durch seine häufigen Auftritte mit Maria Callas in den berühmtesten Opernhäusern der Welt. »Der Tenor der Callas«, hieß er deshalb bei seinen zahlreichen Fans. Erste stimmliche Probleme traten 1963 bei der Aufführung von Puccinis »La Bohème« am Covent Garden auf. Di Stefano musste im darauf folgenden Jahr durch einen jungen Sänger ersetzt werden: Es war der Anfang der Karriere von Startenor Luciano Pavarotti. Kritikern, die Di Stefano vorwarfen, seine Stimme über Jahre übermäßig beansprucht zu haben, entgegnete er, dies sei schlicht und einfach nicht wahr. Doch sein Versuch, mit einer Tournee gemeinsam mit der Callas 1973 an seine großen Erfolge anzuknüpfen scheiterte - die Tour musste 1974 abgebrochen werden.
Di Stefanos Stimme »wurde durch ihren Besitzer zerstört, der sie über ihre natürliche Grenzen trieb und der starrköpfig eine vokale Methode benutzte, die seine Stimme in Stücke gerissen hat«, meinte der berühmte Medizinprofessor Dr. Neil Kurtzman. Dennoch sind sich Fans einig, dass er ein Naturtalent mit einer fantastischen, einmaligen Stimme war.

Artikel vom 22.07.2006