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Anklage im Universitätsskandal

Anthropologen Reiner Protsch werden 17 Straftaten vorgeworfen

Frankfurt/Main (dpa). In einem der größten deutschen Universitätsskandale hat die Justiz jetzt Anklage erhoben.

Dem skandalumwitterte Anthropologen Reiner Protsch von Zieten (67) werden 17 Straftaten vorgeworfen, darunter Urkundenfälschung und Unterschlagung sowie versuchter Betrug. Wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Freitag mitteilte, drohen dem früheren Leiter des Frankfurter Instituts für Anthropologie und Humangenetik im Falle der Verurteilung bis zu zehn Jahren Haft.
Ins Gang gekommen war das Verfahren, als Protsch im Jahr 2002 einem amerikanischen Kollegen eine einzigartige Sammlung aus mindestens 278 Schimpansenschädeln für 70000 US-Dollar anbot. Die so genannte PAN-Sammlung hatte das Universitäts-Institut vor einigen Jahrzehnten von einem Wissenschaftler erworben. Protsch behauptete, der verstorbene Wissenschaftler habe ihm die Sammlung verkauft. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft war die Bescheinigung gefälscht. Protsch, der vor 18 Monaten aus der Universität ausschied, habe keine Aussagen gemacht.
Als erste Vorwürfe gegen Protsch im Februar 2002 laut wurden, versuchte der Angeschuldigte laut Anklage durch Manipulationen an den Primatenschädeln die Inventarnummern des Instituts durch seine eigenen Namenskürzel zu ersetzen. Wie die zuständige Staatsanwältin Verena Suter sagte, verstößt allein das Anbieten der Primatenschädel gegen das Artenschutzgesetz. Deshalb wurde vor der 26. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt Anklage erhoben.
Protsch wird weiter vorgeworfen, im September 2001 die Universität - vergeblich - um eine Spendenbescheinigung von über 300 000 Mark gebeten zu haben, da er der Hochschule hochwertige Schädel und Skelette gespendet habe. Die Schädel gehörten laut Staatsanwaltschaft einem Hamburger Professor. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass Protsch an Primatenschädeln und Skelettmaterial einer anderen Universität sowie an zahlreichen Büchern des Instituts seinen eigenen Namen angebracht habe.

Artikel vom 22.07.2006