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Die Mahnung vom 20. Juli:
Frieden und Freiheit bewahren

Gedenken an die Widerstandskämpfer - Soldaten legen ihr Gelöbnis ab

Berlin (dpa). Im Gedenken an die Widerstandskämpfer gegen Adolf Hitler haben Politiker aus Bund und Ländern gestern ein klares Nein zu jeder Form von Extremismus in Deutschland beschworen. Die Hauptredner der Feierstunden zum Jahrestag des missglückten Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 riefen die Bürger zum mutigen Eintreten für Frieden und Freiheit auf.

Der britische Verteidigungsminister Desmond Browne, sagte als Gastredner: »Wir können heute hier in einem freien und vereinten Deutschland stehen, das seinen rechtmäßigen Platz im Herzen Europas und in der Weltgemeinschaft wieder eingenommen hat.«
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bezeichnete den militärischen Widerstand gegen Hitler als Vermächtnis für die Bundeswehr. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte, die Gesellschaft solle »in großer Solidarität viel deutlicher auf Provokationen aus den extremistischen Ecken« reagieren.
Am Abend legten 290 Bundeswehrrekruten am Bendlerblock ihr Gelöbnis ab. Es war das zehnte feierliche Gelöbnis in Berlin. Wegen der großen Hitze durften die jungen Männer in kurzen Hemden antreten. Im Innenhof des Bendlerblocks waren vor 62 Jahren neben Claus Graf Schenk von Stauffenberg drei weitere Offiziere erschossen worden.
Jung sagte, die Bundeswehr stelle sich bewusst in die Tradition dieses militärischen Widerstandes. Die Offiziere vom 20. Juli hätten dem Land die Selbstachtung zurückgeben wollen. »Sie wollten die Voraussetzungen schaffen, dass Deutschland in die Gemeinschaft freier Staaten zurückkehren konnte.« Ihre Hinrichtung sei Mahnung an das Land, Frieden und Freiheit zu bewahren. »Das Eintreten für Freiheit und Recht, auch unter Einsatz des eigenen Lebens, das ist das eigentliche Vermächtnis der Männer und Frauen des 20. Juli.«
Wulff sagte: »Die Männer und Frauen des Widerstandes gegen Hitler stehen für das Beste, was wir in der deutschen Geschichte haben. Sie waren bereit, für ihre Überzeugung mit dem Leben einzustehen.« Die Gesellschaft solle heute auf das latente Problem des Rechtsextremismus und auf Gefahren reagieren, die von linken oder fundamentalistisch-religiösen Extremisten ausgingen. Deutschland werde keine »no-go-areas« dulden - Gegenden, die für Ausländer lebensgefährlich sind.
Browne sagte in seiner Gelöbnis-Ansprache, im heutigen Deutschland spielten auch das Gedenken an Graf Schenk von Stauffenberg und seine Mitverschwörer sowie die von ihnen vertretenen Werte eine entscheidende Rolle bei der Sicherheitspolitik. Auch 110 britische Soldaten nahmen an der Gelöbnis-Feier teil. Browne hob ferner Deutschlands »hervorragende Gastfreundschaft während der Fußball-Weltmeisterschaft« hervor und würdigte die Bundeswehreinsätze in Afghanistan und im Kongo.
Die Bundesregierung legte in Berlin Kränze an der Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Bendlerblock und der Gedenkstätte Plötzensee nieder. Dort ließ die nationalsozialistische Gewaltherrschaft 2500 Menschen ermorden.
Erstmals sagten Wehrpflichtgegner ihre Demonstration gegen das traditionelle Gelöbnis ab, weil sie nicht »ritualisiert« mit Störungen der von Polizisten und Feldjägern abgeriegelten Veranstaltung wahrgenommen werden wollten. Wichtiger sei, dass ihre Kritik an der deutschen Militärpolitik mit Wehrpflicht und gefährlichen Auslandseinsätzen Gehör finde, hieß es. Während der Feierstunde waren allerdings Tröten zu hören.

Artikel vom 21.07.2006