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Hauptschlüssel
weg - eine
Million Schaden

Wachmann in der Uni beraubt

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Nachdem Krawallmacher einem Wachmann in der Universität ein Generalschlüssel entrissen haben, arbeitet die Hochschule mit Hochdruck an der Schadensbegrenzung. Die ermittelnde Polizei hat noch keine entscheidenden Hinweise auf die Täter.

Der Streit um die Studiengebühren bildet den Hintergrund des Vorfalls - wie das WESTFALEN-BLATT berichtete, verabreden sich gewisse Personen im Internet, der Uni Schaden zuzufügen. »Die Vorstellung allerdings, sie könnten damit die Rücknahme des Gebührenbeschlusses erreichen, ist naiv«, versichert Uni-Pressesprecher Ingo Lohuis.
Der durch die Gewaltaktionen sensibilisierte Senat hatte auch vor seiner Sitzung am 12. Juli den A3-Trakt sichern lassen. Ein Fenster jedoch soll offen gestanden haben, so dass etwa zehn bis 20 Aktivisten mit Hilfe einer Leiter und über eine Terrasse in dieses Büro klettern konnten. »Mehrere Sicherheitsleute haben versucht, die Bürotür zu blockieren, damit die Eindringlinge nicht über den Flur in den Senatssaal gelangen konnten«, berichtet Lohuis, der das Gerangel persönlich beobachtete.
Bei diesem Handgemenge wurde einem Sicherheitsmann eine Kette mit dem Generalschlüssel entrissen, der im Unigebäude 10 000 Türen öffnet. Türen, hinter denen sich persönliche Daten und Prüfungsunterlagen befinden, sensible Bürotechnik und teure Laborgeräte. »Wir beginnen jetzt damit, die ersten 500 Schließzylinder auszutauschen«, sagt Lohuis. Und das wird teuer: Bei einem realistischen Preis von 50 bis 100 Euro pro Zylinder wird sich die Rechnung letztlich auf eine Summe von bis zu einer Million Euro belaufen.
Kein Wunder, dass die geschädigte Hochschule Schadenersatzansprüche an das Sicherheitsunternehmen gestellt hat. Ob dieser Versuch - immerhin steht ein Drittel der erwarteten Einnahmen durch die Studiengebühr auf dem Spiel - letztlich Erfolg hat, müssen die Juristen prüfen.
Pressesprecher Lohuis mochte zum derzeitigen Zeitpunkt nicht bestätigen, dass (und ob überhaupt) die Uni Gespräche mit dem Umfeld der Aktivisten führt. Der fragliche Kreis ist ohnehin recht unübersichtlich: »An diesen Vorfällen sind nicht nur heimische Studenten, sondern auch Leute von fremden Unis beteiligt«, weiß Klaus Lengwennings vom Polizeikommissariat Vorbeugung. »Außerdem gehören nicht eingeschriebene Gewalttäter zur Szene.«
Was fängt der Räuber mit so einem Generalschlüssel an? »Ich gehe davon aus, dass ein seriöser Schlüsseldienst umgehend die Polizei informieren würde, wenn jemand versuchen sollte, einen Nachschlüssel fertigen zu lassen«, sagt Lengwennings. »Allerdings ist das Schließsystem der Uni von hoher Qualität, so dass der Vorgang einige Zeit dauern dürfte - bis dahin sind die neuen Schließzylinder längst installiert.«
Tatsächlich scheint den Aktivisten der Besitz des Schlüssels zu reichen: »Bis jetzt wurde noch nirgendwo etwas entwendet«, sagt Lohuis. »Wir haben allerdings auch das Sicherheitspersonal deutlich verstärkt.«
Und man hat 2000 Mitarbeiter der Hochschule brieflich informiert, schnellstens ihre Büroeinrichtung zu sichern. Viele jedoch befinden sich noch im Urlaub . . .

Artikel vom 21.07.2006