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Auf der Flucht aus Libanon

Kämpfe gehen unvermindert weiter - 3500 Deutsche in Sicherheit

Beirut (Reuters). Israel hat gestern seine massive Luft- und Bodenoffensive gegen die schiitische Hisbollah im Libanon fortgesetzt. Es gab keinerlei Signale, dass die Kriegsparteien einem Appell der libanesischen Regierung folgen und die Kämpfe einstellen würden, bei denen im Libanon bislang mehr als 300 und auf israelischer Seite 29 Menschen getötet wurden.
Aus Libanon geflohen: Deutsche Kinder warten in Damaskus.

Hilfsorganisationen warnten vor einer weiteren Verschlechterung der Lage für die Zivilbevölkerung, schon jetzt sind eine halbe Million Menschen auf der Flucht. Derweil machte Israel trotz einer Bitte um deutsche Vermittlung klar, dass es eine Freilassung arabischer Gefangener ablehnt.
Am neunten Tag der Angriffe nahm die israelische Luftwaffe erneut mutmaßliche Hisbollah-Stellungen unter Beschuss. Allein auf ein Gebäude in Beirut, bei dem es sich nach Angaben aus Militärkreisen um einen Bunker handelte, warfen Kampfflugzeuge 23 Tonnen Sprengstoff ab. Dort seien Führer der Hisbollah vermutet worden. Die Hisbollah bestritt Verluste und erklärte, das Gebäude sei eine halbfertige Moschee gewesen. Angriffe wurden auch auf Balbeek und Hermel geflogen.
Die libanesische Polizei dementierte gestern Berichte, nach denen zwei ausländische Journalisten von den Hisbollah-Milizen verschleppt worden seien. Die britischen Reporter seien vorübergehend von der Polizei festgenommen worden, hieß es. Anlass seien Auseinandersetzungen mit Flüchtlingen in Beirut gewesen.
Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul setzte sich mit ihrer Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand vom Kurs der Bundesregierung ab. Die offizielle Haltung Berlins sieht die Forderung nach einem Ende der israelischen Angriffe auf Libanon erst nach Freilassung der entführten Soldaten und einem Stopp der Attacken auf Israel vor.
Im Norden Beiruts gingen am Morgen 40 leicht bewaffnete US-Marineinfanteristen an Land, die bei der Ausreise von 1200 US-Bürgern nach Zypern helfen sollen. Es ist der erste Einsatz des US-Militärs im Libanon, seit es sich 1984 nach einem Anschlag mit 241 Todesopfern aus dem Land zurückgezogen hatte. Seit Freitag wurden 3500 Deutsche in Sicherheit gebracht.
Die EU stellte als Soforthilfe zehn Millionen Euro bereit. Papst Benedikt XVI. rief für Sonntag zu Gebeten für den Frieden auf. Israel habe das Recht auf ein Leben in sicheren Grenzen, die Palästinenser hätten Anspruch auf einen souveränen Staat.
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Artikel vom 21.07.2006