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Tonband-Post führt zur Verlobung

Früherer Lehrer Peter Hansen schildert im Erzählcafé seinen Lebensweg

Von Peter Monke (Text und Foto)
Brackwede (WB). Peter Hansen liebt Herausforderungen. Sie anzunehmen und zu meistern, gehört zur Lebensphilosophie des Sennestädters, den diese Einstellung bis heute um die halbe Welt geführt hat. Entsprechend kurzweilig gestaltete sich der Auftritt des ehemaligen Lehrers der Theodor-Heuss-Schule im Erzählcafé.

Geboren wurde Hansen 1939 in Coesfeld - eine Kindheit im Zeichen des Zweiten Weltkrieges, an den der Pädagoge nur schwache Erinnerungen hat. Die Schulzeit hätte für Hansen eigentlich 1945 beginnen sollen, angesichts des Kriegsendes war an Unterricht jedoch nicht zu denken. Erst um Ostern 1946 kam er in den Genuss seiner ersten Schulstunde - wegen Raummangels im Schichtunterricht. Die Sitten waren rauh in dieser Zeit. »Wenn wir im Winter verspätet und mit nassen Schuhen vom Schulweg heimkehrten, weil wir auf den Eisschollen des nahegelegenen Sees gespielt hatten, bekamen wir zuhause schon einmal den Hintern versohlt.« In der Schule drohte bei schlechtem Betragen der Rohrstock. »Bleibende seelische Schäden haben ich dadurch aber nicht davongetragen.«
Ganz im Gegenteil: Als einziger Junge seiner Klasse schaffte er die Aufnahme am Coesfelder Gymnasium. Dort gab es zwei Klassen für 85 Schüler. »Heute wäre das ein Albtraum, aber damals hatten Lehrer noch mehr Autorität und brauchten nur einmal zu husten, damit es 30 Minuten ruhig blieb.« Es folgte das Abitur 1960, bei dem Hansen als einer von zwei Schülern eine Eins im Abschlusszeugnis aufweisen konnte - im Sport. So lag es nahe, dieses Talent auch im Studium zu nutzen. Als Fächer gesellten sich Englisch, Pädagogik und Geographie hinzu.
Neben dem Studium engagierte sich Hansen im Landessportbund und wurde wegen seiner guten Englisch-Kenntnisse bald mit der Organisation internationaler Jugendfahrten betraut. 1964 führte ihn eine solche Reise nach Israel. »Dort haben wir Menschen getroffen, die als deutsche Juden nach ihrer Flucht erstmals mit uns wieder Deutsch gesprochen haben. Das war unglaublich ergreifend.«
Seine spätere Frau Ute lernte der Pädagoge ebenfalls im Landessportbund kennen. Seine große Abenteuerlust konnte auf die junge Liebe jedoch zunächst keine Rücksicht nehmen. 1965 ging es mit dem Schiff von Bremerhaven über den großen Teich nach New York. »Empire State Buildung, Harlem, die 42nd Street - ich habe damals Dinge gesehen, die man nur aus Bilderbüchern oder der Wochenschau kannte.« Den Kontakt zu seiner Freundin Ute hielt er über Tonbänder aufrecht. »Zum Schreiben war ich zu faul, also habe ich meine Erlebnisse auf Band gesprochen und für 80 Pfennig per Luftpost nach Deutschland geschickt.«
Offenbar eine wirkungsvolle Methode, denn die Verlobung folgte am 1. April 1967. »Unsere Freunde haben zunächst an einen Scherz geglaubt, die letzten Glückwünsche kamen erst im Dezember.« Ein ungewöhnliches Datum wählte das Paar auch für seinen Hochzeitstag: den 29. Februar 1968. »Ungemein praktisch, so brauche ich nur alle vier Jahre Blumen zu kaufen«, sagt Hansen mit einem Augenzwinkern.
Damals war der Pädagoge bereits als Realschullehrer an der Theodor-Heuss-Schule in Sennestadt gelandet, die anfangs aus allen Nähten platzte. »Je zwei Klassen waren in der Adolf-Reichwein-Schule und in der Comenius-Schule untergebracht, eine weitere beherbergte die Hans-Ehrenberg-Schule - da sind wir Lehrer in den Pausen wie Wanderprediger von Schule zu Schule gefahren.«
1980 lockte das nächste Abenteuer. Für ein Jahr tauschte Hansen Arbeitsplatz, Haus und Auto mit einem amerikanischen Lehrer. In einem 600-Seelen-Ort, 300 Kilometer südlich von Chicago, »zwischen Mais und Sojabohnen«, unterrichtete er an einer Highschool Deutsch. In den Ferien blieb genug Zeit, mit der Familie das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu erkunden. »Insgesamt 70 000 Kilometer sind wir gefahren - bei einem Spritpreis von einer Mark für vier Liter.«
Mit dem Abschied aus dem Schulalltag widmete sich Peter Hansen verstärkt der Arbeit im Lions Club Sennestadt, den er 1969 mit aus der Taufe gehoben hat. Hier schaffte er es zwischenzeitlich bis zum »District Governor« und führte so etwa 3000 Club-Mitglieder in ganz Ostwestfalen-Lippe. Dass ihm irgendwann einmal langweilig werden könnte, steht aktuell nicht zu befürchten: »Ehrenamt ist für mich wie Doping - eine Droge, die ich dringend weiterempfehlen kann.«
l An diesem Montag, 24. Juli, berichtet von 15 Uhr an Werner Esken zum Thema »Nachwuchsförderung und Ausbildung können nicht früh genug beginnen«. Der Feuerwehrmann im Ruhestand war lange Zeit Bezirkssprecher der Feuerwehr Süd, musste dieses Amt aber zu Beginn des Jahres mit seinem 60. Geburtstag niederlegen. Seither ist er Ehrenbrandinspektor der Freiwilligen Feuerwehr.

Artikel vom 24.07.2006