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Nicht reden - handeln:
50 neue Lehrstellen

Erfolgreiche Initiative des Handwerksbildungszentrums

Von Stefanie Westing
(Text und Fotos)
Brackwede (WB). Darüber, jungen Menschen eine Chance zu geben, wird viel gesprochen. Auch über die Schaffung von Ausbildungsplätzen. »Aber nur wenige packen's an«, meint Rico Adams, Metallbau-Unternehmer aus Senne. Er beschränkt sich nicht nur auf das Reden - er handelt. Erstmals hat er einen Auszubildenden eingestellt.

Benjamin Bleich (19) heißt der junge Mann, der nach eineinhalbjähriger Arbeitslosigkeit nun einen Job hat. Maßgeblich beteiligt war daran auch das Handwerksbildungszentrum Fachbereich Bau (HBZ) Brackwede. Seit etwa einem Jahr gibt es dort das Projekt »nacHau - Nachwuchs für das Handwerk ausbilden«. Projektleiterin Renate Uhlending und ihre Kollegen werben aktiv für Ausbildungsplätze. Die 50. Lehrstelle wurde soeben eingerichtet. Bis Jahresende sollen es »80 plus« sein, im kommenden Jahr noch einmal 56.
»Unser konkreter Auftrag ist es, Handwerksbetriebe in Bielefeld und im Kreis Gütersloh zu überzeugen, neue Ausbildungsplätze zu schaffen, vor allem ausländische Unternehmen - und hier liegt ein Fokus auf türkischen Betrieben«, erklärte gestern Renate Uhlending, die den 50. Ausbildungsvertrag symbolisch an Ulrich Wagener, Geschäftsführer des Bauunternehmens Mestekemper aus Rheda-Wiedenbrück, übergab. Mestekemper hat durch Initiative des HBZ drei zusätzliche Lehrstellen geschaffen und beschäftigt nun insgesamt vier Auszubildende.
Uhlending und ihr Team möchten vor allem diejenigen erreichen, die noch nie oder seit längerer Zeit nicht mehr ausgebildet haben. Ein Anreiz dabei: Das HBZ entlastet die Betriebe durch »externes Ausbildungsmanagement«. Dazu wurde eine Datenbank mit Ausbildungsplatzangeboten und etwa 250 Bewerbern eingerichtet, so dass die richtigen Partner zueinander finden. Außerdem wird eine CD mit Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Ausbildung angeboten, Jugendliche werden berufsspezifisch vorbereitet, Ausbildungsabschnitte können organisiert werden, ebenso Praxisphasen und Zusatzqualifikationen. »Wir machen die Jugendlichen ausbildungsreif, unterstützen die Firmen bei allen organisatorischen Aufgaben und bieten auch ein professionelles Krisenmanagement an«, berichtet die Projektleiterin. Bürokratie jedenfalls soll der Einstellung eines Auszubildenden nicht im Wege stehen. »Viele Unternehmen sind offen und bereit, auszubilden, wenn wir ihnen Arbeit abnehmen«, hat HBZ-Geschäftsführer Axel Gutounik festgestellt.
Unter diesen Voraussetzungen entschloss sich neben Metallbauer Rico Adams, der in Kooperation mit dem Maschinenbau-Betrieb Ruotolo ausbildet, und Mestekemper unter anderem auch der Zimmerei- und Holzbaubetrieb Schütz aus Theesen dazu, mitzumachen. Chef Dirk Schütz beschäftigt nun drei Lehrlinge. Voraussetzung für die Einstellung: Alle müssen bei ihm ein Praktikum absolviert haben und für geeignet befunden worden sein. »In drei, vier Jahren brauchen wir händeringend gute Leute. Die bilden wir am besten selbst aus«, sagt Schütz.
Werden die Handwerker nach der Ausbildung nicht übernommen - und das ist leider bei fast 40 Prozent der Fall, vermittelt das HBZ junge Gesellen auch nach Irland, England oder Spanien. In dem so genannten Europa-Pool sind derzeit 38 Interessierte aufgeführt, sagt HBZ-Mitarbeiterin Jennifer Birke. In Irland, England oder Spanien können die Gesellen zunächst ein dreimonatiges Praktikum absolvieren. »Vier Flüge sind kostenlos, ebenso Unterkunft und Verpflegung«, schildert Gutounik. Das HBZ betreut nicht nur die Vorbereitung, sondern organisiert auch den Erwerb der Fremdsprache, hält Kontakt zu den ausländischen Unternehmen und begleitet die jungen Menschen vor Ort - während des Praktikums und, wenn gewünscht, auch darüber hinaus. Der HBZ-Geschäftsführer weiß aus Erfahrung, dass Unternehmen im europäischen Ausland auf deutsche qualifizierte Arbeitskräfte warten. Allerdings hat er festgestellt: »Einen Ostwestfalen zu bewegen, ins Ausland zu gehen, ist gar nicht so einfach.«
Fragen zum Projekt beantwortet Renate Uhlending, Tel. 05 21 / 942 84-46.

Artikel vom 21.07.2006