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Eine verrückte Tour:
Landis ist wieder da

17. Etappe: Pereiro weiter in Gelb - Klöden auf Rang vier

Morzine (dpa). Floyd Landis startete ein tolles Comeback, Carlos Sastre verpasste Gelb um zwölf Sekunden, und Andreas Klöden rutschte auf der letzten Alpenetappe auf Rang vier zurück: Die Ergeignisse haben sich auf der 17. Etappe der 93. Tour de France erneut überschlagen.

Einen Tag nach dem Totaleinbruch von Landis hat sich der Amerikaner sensationell zurückgemeldet und greift sogar wieder nach dem Gelben Trikot. »Ich bin hergekommen, um die Tour zu gewinnen. Das will ich nach wie vor. Wenn ich einen schlechten Tag habe, muss ich eben einen guten dranhängen«, sagte der US-Radprofi vom Phonak-Team.
Im Ziel konnte der Spanier Oscar Pereiro seine Spitzenposition nach 200,5 Kilometern im Wintersport-Paradies Morzine nur hauchdünn vor seinem Landsmann Sastre und 30 Sekunden vor Landis behaupten. Klöden liegt mit nach wie vor mit 2:29 Minuten Rückstand auf Pereiro jetzt auf dem vierten Platz.
Die Tour verspricht bis zum morgigen Zeitfahren weiter höchste Spannung. Der Phonak-Kapitän wurde nach 5:23:36 Stunden im Alleingang Tagessieger, 5:43 Minuten vor dem CSC-Chef Sastre, Landis stundenlanger Begleiter Patrik Sinkewitz vom T-Mobile-Team war von dem Amerikaner am Joux Plane 25 Kilometer vor dem Ziel »abgelegt« worden. »Das wird am Samstag ein Knaller - das spannendste Zeitfahren der letzten zehn Jahre. Ich rechne stark mit Sastre«, sagte Jens Voigt, Team-Kollege des Spaniers.
»Heute war leider nicht mehr drin. Morgen lasse ich es ruhiger angehen, um mich für das Zeitfahren zu schonen«, sagte Klöden. Sein Team-Kollege Michael Rogers vermisste gestern eine durchdachte Marschroute: »Wir haben alles gegeben. Wir hatten keine Taktik. Von Anfang an haben wir die vorherige Etappe in den Beinen gemerkt.« Landis' Rechnung war aufgegangen: »Als ich so früh weggegangen bin, herrschte Chaos bei der Konkurrenz. Ich wollte allen zeigen, dass ich kämpfen kann. Dass das Ergebnis so erfreulich für mich wird, hätte ich nicht gedacht.«
Landis, seit seinem Einbruch vom Mittwoch tief im Innersten getroffen, hatte eine unglaubliche Wiedergutmachungs-Tour durch die Savoier Alpen hinter sich. Seine Attacke 60 Kilometer nach dem Start am ersten von fünf harten Anstiegen schien ein Himmelfahrts-Kommando zu werden und wurde von vielen im Peloton belächelt. Aber der Konkurrenz verging bald das Lachen: Wie mit Flügeln schwebte Landis, von Sinkewitz begleitet, die Berge hoch. 59 Kilometer vor dem Ziel hatte sich der gläubige Mennonit theoretisch das Gelbe Trikot von Pereiro zurückgeholt. In Morzine reichte es am Ende nicht ganz.

Artikel vom 21.07.2006