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Leinen los zum 50. Geburtstag

Jürgen Pott segelte vor dem runden Datum einmal um Kap Hoorn

Von Michael Diekmann
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). »Kap Hoorn ist eigentlich auch nur ein Felsen«, gesteht Jürgen Pott. »Wirklich beeindruckt haben mich die Gletscherriesen am anderen Ende der Welt.« Pott wird am Freitag 50 Jahre alt. Sein ganz persönliches Vorabgeschenk hatte sich der TV-Spezialist und Hobbysegler bereits Ende März gemacht - mit einem Segeltörn um Kap Hoorn.

Nicht nur in der Leitung des familieneigenen Fernsehfachgeschäftes an der Jöllenbecker Straße ist Pott in die Fußstapfen von Vater Hans getreten. Der Ingenieur und Firmengründer, heute 86 Jahre alt, war obendrein ein begeisterter Segler und nebenbei ein ausgezeichneter Pädagoge, der mehreren hundert Bielefeldern in Prüfungen das Seglerpatent abnahm. Sohn Jürgen Pott segelt seit gut 40 Jahren. Seine jetzige Frau Gabriele lernte er 1989 kennen - in der Karibik und auf einem Segelboot, wo sonst . . . Naheliegend, sich zum 50. Geburtstag, nach Angaben der meisten Herren der Schöpfung ein einschneidendes Datum, auch ein einschneidendes Erlebnis zu gönnen. »Da darf man nicht lange überlegen, da muss man spontan buchen«, sagt Pott über den Tag, als er sich anmeldete zum Törn ins Ungewisse.
Und so trafen sich im März in einer verwegenen kleinen Hafenbar in Puerto Williams fünf Segler aus Deutschland, Kanada und Frankreich mit dem chilenischen Skipper Oswaldo, um sich für mehr als zwei Wochen auf dem 14-Meter-Schiff »Santa Maria« Koje und Kombüse zu teilen. Bis zum Kommando »Leinen los!« hatte Pott bereits die Anreise über Buenos Aires nach Ushuaia gemeistert, die südlichste Stadt der Welt.
Mehr als 300 Fotos hat der Bielefelder auf der Reise geschossen. Die wirklich beeindruckenden Momente bewahrt man in seinem Gedächtnis, in seinem Herzen. Mehr als vom bloßen Schlag um den Felsen von Kap Hoorn, der dann mit einem Zertifikat bescheinigt wird, erzählt Pott von Kormorankolonien, von Seehunden und von einsamen Buchten, in denen man über Nacht ankerte. Er erzählt vom Beagle-Kanal und vom Murray-Kanal, von stürmischen Momenten und lauen Passagen. Und nicht zuletzt hat der reiselustige Bielefelder mit Faible für Südfrankreich seine ganz persönliche Portion vom Mythos Kap Hoorn mitgebracht. »Das kommt davon, wenn man in Hafenkneipen in absolut entlegenen Gegenden Einhandsegler und Weltenbummler trifft«, berichtet Pott.
Anders als der Bielefelder haben viele Weltreisende den Törn von Europa aus auf kleinen Seglern unter den Kiel genommen, in engen Kajüten Sturmnächte durchlitten und dabei viel Zeit gehabt, über sich und ihr Leben nachzudenken, ein Resümee zu ziehen und Pläne zu machen. Dazu gehört vielleicht auch der Blick auf Gletscherriesen, gegen deren Lebenszeit die 50 Jahre eines Betrachters nicht viel mehr sind als ein Wimpernschlag.
Seinen 50. Geburtstag will Jürgen Pott im August mit 350 Gästen bei einer großen Party auf der Deele feiern. Wie klein die Welt ist, erlebte er auf der Rückreise von Argentinien zum Teuto im Regionalzug von Köln nach Dortmund. Er traf ausgerechnet auf einen Bielefelder mit Seesack - der war gerade auf der Rückfahrt von einem Segeltörn in Brasilien.

Artikel vom 20.07.2006