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Wenn Prinz
Poldi ins
Manöver zieht

Nach der WM: Abschied und Antritt

Von Klaus Lükewille
Bielefeld (WB). Nach der WM ist vor der EM. Der dritte Platz 2006? Schon ein paar Tage weit weg. Und in der kommenden Woche sind die WM-Matadoren wieder da, sie beginnen bei ihren Vereinen mit der Vorbereitung auf die neue Saison. Aber nicht alle. Einer, der wird dann besonders fehlen. Die Fußball-Bundesliga ohne Michael Ballack. Geht das überhaupt?

Kaiserslautern, Leverkusen, München. So hießen die Stationen. Von August 1997 bis Mitte Mai 2006 spielte er in dieser Klasse. Aus dem kleinen »Balljungen« Ballack, der in der Pfalz als junger Reservist seine Profi-Karriere startete, wurde der Nationalmannschafts-Kapitän, der zuletzt vier Serien beim FC Bayern München eine Schlüsselrolle spielte.
So ganz zufrieden waren beide Parteien in den vergangenen Monaten nicht mehr. Bayern meckerte über Ballack, der angeblich zu wenig brachte. Ballack motzte über die Bayern, die nach seiner Meinung bei der Kritik ziemlich überzogen hatten. Demnächst spielt der Deutsche für den FC Chelsea. Und wie das oft so ist: Die Münchener werden schon noch merken, was sie an ihm hatten, wenn er nicht mehr mit aufläuft.
Ballack ist weg, Lukas Podolski kommt. Ein Kölner Absteiger, der mit den Bayern in europäische Höhen aufsteigen soll. »Prinz Poldi« zieht ins Münchener Manöver. Könnte sein, dass sich der Junge zumindest in den ersten Wochen wundern wird. Denn das internationale Star-Ensemble an der Isar, das ist eine ganz andere Ball-Welt als die Kickerei im vertrauten Umfeld zu Kölle am Rhein.
Kollege Per Mertesacker, Turm in der WM-Abwehr, möchte auch das Trikot wechseln. Aber der »Lange« bleibt, wenn alles wie geplant läuft, im hohen Norden. Von Hannover nach Bremen, das dürfte kein Klima-Schock sein. Und für Mertesacker in jedem Fall die richtige Adresse. Denn bei den Niedersachsen kann sich der talentierte Defensiv-Spezialist kaum noch weiter entwickeln. Mit Werder warten Aufgaben in der Champions League. Große Prüfungen, die er braucht, um noch einen Sprung nach vorn zu machen.
Jens Nowotny, der in der letzten WM-Partie gegen Portugal noch einmal für Deutschland verteidigen durfte, er wird dagegen die Koffer packen und seine Heimat verlassen. Zwölf Serien Leverkusen sind genug, jetzt wagt Nowotny mit 33 Jahren den ersten Auslands-Aufenthalt seiner Profi-Karriere. Dynamo Zagreb lockt mit einem erstklassigen »Rentenvertrag«. Gute Reise, auf Wiedersehen. Denn auf einem deutschen Rasen wird man Nowotny nicht mehr so oft antreffen. Er hat zwar seine DFB-Laufbahn bisher nicht offiziell für beendet erklärt, es ist jedoch kaum anzunehmen, dass er weiter eingeladen wird.
Einmal aber noch. Wenn Bundespräsident Horst Köhler am 14. August in Berlin die WM-Teilnehmer auszeichnet, gehört auch Nowotny selbstverständlich zu diesem Elite-Kreis. Jürgen Klinsmann hat, wie berichtet, abgesagt. Er möchte seinem Nachfolger und den Spielern an diesem Ehrentag nicht die Schau stehlen.
Denn Joachim Löw, der neue Bundestrainer, er steht ja gleich beim Amtsantritt vor einer nicht leichten Aufgabe. Vom 10. August an rollt der Bundesliga-Ball, schon am 16. August wird das erste Länderspiel angepfiffen. Wer gegen Schweden in Gelsenkirchen mit dabei sein wird, muss Löw ganz kurzfristig entscheiden.
Dass dann Christoph Metzelder wieder ins Aufgebot rückt, ist hundertprozentig sicher. Aber ebenso klar dürfte sein, dass der vor der WM von Klinsmann ausgemusterte Christian Wörns keine neue Chance mehr erhalten wird.
Erst recht nicht nach dem Interview, in dem der Dortmunder Kapitän dem Klub-Kameraden Metzelder kräftig gegen das Schienbein getreten hat. O-Ton Wörns: »Christoph hätte mir sagen müssen, dass er bei Klinsmann einen WM-Freifahrtschein hatte. Sein Verhalten war nicht okay. Sicher, er hat ein gutes Turnier gespielt, aber jetzt muss er sich bei Borussia erst einmal wieder einen Stammplatz erkämpfen.« Der »foule« Angriff eines beleidigten Abwehrspielers. Na, dann auf gute Zusammenarbeit, die Herren.

Artikel vom 22.07.2006