19.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Haft in Russland gut verkraftet

Im August treffen Eike Korfhage und Henning Wallerius in Bielefeld ein

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld/Tallinn (WB). Anfang August wollen die beiden Fachhochschulstudenten, die mehrere Tage in Russland inhaftiert waren, wieder nach Bielefeld zurückkehren. Ihre Unternehmungslust ist trotz der Haft ungebrochen.

»Ich bedauere es, dass die Zeit des Unterwegsseins bald vorbei ist«, sagte Henning Wallerius (25) dem WESTFALEN-BLATT. »Zunächst möchte ich einen Privatbesuch im polnischen Thorn (Torun) machen. Wegen der eher spärlichen Gelegenheiten, per Bahn zu reisen, werde ich die Heimreise wohl im Bus bewältigen.«
Die Wege der beiden Fotografiestudenten, die in Estlands Hauptstadt Tallinn (Reval) untergekommen sind, trennen sich jetzt. Eike Korfhage (30) hat noch etwas vage Vorstellungen über die Modalitäten seiner Rückkehr. »Vielleicht fahre ich zu meiner Familie, vielleicht auch erst zu einem Freund nach Hamburg.« Auf jeden Fall ist eine Schiffahrt geplant. Zielhafen: Rostock.
Nur Russland wird, verständlich, künftig wohl weiträumig umfahren. Sogar Gerüche können abschrecken: »Als es am Eingang in eine estnische Markthalle genau so roch, wie bei der Essensausgabe im Gefängnis, haben wir auf dem Absatz kehrtgemacht.«
Ob die beiden Putins Reich je wieder betreten dürfen, ist unklar. »Der vorgebliche Polizist, der uns zur estnischen Grenze eskortierte, sich allerdings nicht ausweisen konnte, meinte, es gebe kein Einreiseverbot.«
Zweitsemester Wallerius und Achtsemester Korfhage können sich vorstellen, ihre Erlebnisse künstlerisch zu gestalten. »Im Zentrum wird sicherlich die Fahrradfahrt nach St. Petersburg stehen«, kündigen die beiden an.
Und was die politische Komponente einer möglichen künstlerischen Verarbeitung angeht (Wallerius und Korfhage hatten, wie berichtet, Kritiker des Petersburger G8-Gipfels begleitet), so ist auch Rostock mit Bedacht gewählt, deutet Korfhage an . . .
Die Studenten, die in Estland mit offenen Armen empfangen worden waren, haben den Schock der Verhaftung (Vorwurf: öffentliches Urinieren) gut verkraftet. »Uns bedrückt nur, dass Adrian Sauter, unser Mitstreiter aus der Schweiz, immer noch in einem russischen Gefängnis sitzt. Niemand hat sich für ihn verwendet«, sagt Wallerius bedauernd.
Die deutschen Reaktionen hingegen waren überwältigend, finden die Betroffenen. Zahlreiche Institutionen von Rang schmücken die Petitionsliste des AStA der Bielefelder FH mit ihrem Namen, darunter Universitäten aus aller Welt, Institute und Theater - 1600 Solidaritätsbekundungen kamen so zusammen.

Artikel vom 19.07.2006