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Aus der Perspektive des Künstlers
Neue Route am Untersee führt zu Motiven bekannter Landschaftsmaler
Otto Dix, Erich Heckel, Hermann Hesse - sie alle kannten und liebten die inspirierende Kraft der Landschaft am Untersee, dem südwestlichen Ausläufer des Bodensees.
Er zog seit Beginn des 20. Jahrhunderts Künstler in seinen Bann, die hier eine Fülle reizvoller Motive fanden. Dort, wo einst die Staffeleien der Maler standen, können Gäste heute die Perspektiven auf die Landschaft mit den Werken der Untersee-Maler vergleichen.
Großformatige Metalltafeln zeigen die Reproduktion von Kunstwerken, die an diesen Stellen entstanden. Durch einen ausgesparten Rahmen ergibt sich ein Durchblick, der den Betrachter die Perspektive des Malers einnehmen lässt. Die neue Kunstroute wurde im Rahmen des Untersee-Themenjahrs »Landschaft erleben - Kunst entdecken« eröffnet.
Die Landschaftsmalerei kam Ende des 19. Jahrhunderts zunächst in England, dann auch in Frankreich und schließlich in Deutschland zu neuer Blüte. Naturbeobachtung und Freilichtmalerei boten ganz neue Möglichkeiten, Landschaftseindrücke einzufangen. Die Maler trugen im Sommer ihre Staffeleien ins Freie und malten nun mit Tubenfarben - das mühsame Anreiben der Pigmente im Atelier war nicht mehr nötig.
Die Zivilisationsflucht aus den Großstädten aufs Land führte die Maler aus den Städten auch an den Bodensee. Der Untersee und die Insel Reichenau waren dabei bevorzugte Ziele.
Einer der ersten Intellektuellen, die sich auf der Halbinsel Höri, dem heute so genannten Künstlerwinkel am Untersee, niederließen, war Hermann Hesse. Zahlreiche Dichter- und Malerfreunde folgten ihm. Politische Verfolgung und ideologischer Druck während der Zeit des Nationalsozialismus veranlassten später viele als »entartet« verfemte Künstler, sich in abgelegene Regionen zurückzuziehen. So wurde die Halbinsel Höri am westlichen Untersee auch durch ihre Nähe zur Schweiz, ein bevorzugtes Refugium für Künstler.
Auf der Schweizer Seite des Untersees lebte der 1877 geborene Tagelöhner Adolf Dietrich, der bis in die 1920er Jahre nur an Wochenenden malte. Erst nachdem er in den Metropolen Paris, Berlin und New York »entdeckt« worden war, konnte er sich ganz der Malerei widmen.
Fünf Stationen der Kunstroute sind Hermann Knecht aus Stein am Rhein gewidmet, dessen Ateliereinrichtung und Bilder im Wohnmuseum Lindwurm besichtigt werden können.
Das künstlerisches Schaffen am Untersee steht in diesem Jahr auch im Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen, Ausstellungen, Vorträge, Führungen und Pauschalen in der Region am westlichen Bodensee. So zeigt das Hermann-Hesse-Höri-Museum bis 10. September Aquarelle und Zeichnungen von Erich Heckel, einem der bedeutendsten deutschen Expressionisten, der seit 1944 auf der Halbinsel Höri lebte.
Im ehemaligen Wohnhaus von Otto Dix in Hemmenhofen können bis 24. September Werke des sozialkritischen Realisten Dix mit denen des Vorreiters der Abstraktion, Max Ackermann, verglichen werden. Eine Werkschau Allensbacher Künstler der besonderen Art findet im ehemaligen Autohaus Metzler in Allensbach statt: Werke von Otto Marquard, Fritz und Elisabeth Mühlenweg, Richard Dilger und vielen andern Allensbacher Künstlern sind hier zu sehen.
Führungen auf der Kunstroute, Spaziergänge über die Halbinsel Höri, Atelierbesuche, Malkurse und Vorträge runden das reichhaltige Programm ab.
07735 / 919 055www.tourismusuntersee.de

Artikel vom 22.07.2006