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Die Tomaten-Oase gleich um die Ecke

Bei Meyer zu Drewer gibt es das aromatische Nachtschattengewächs in vielen Sorten

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). »Die besten Tomaten kommen aus Babenhausen«, sagt Siegfried Eberlein und beißt mit Genuss in die leuchtend rote Frucht. Die Luft im sonnendurchfluteten Gewächshaus steht, aus dem Radio knistert Unterhaltungsmusik, neben dem Ausgang stapeln sich die Stiegen mit je sechs Kilo feinster Tomaten - aus heimischer Anzucht gleich um die Ecke, bei Meyer zu Drewer.

Tomaten aus Babenhausen hatte es auf dem Hof Meyer zu Drewer eigentlich schon immer gegeben, erzählt Eberlein (43). Der gelernte CNC-Techniker hatte einst auf dem Familienbetrieb an der Babenhauser Straße eingeheiratet und war plötzlich mittendrin. Aus Teilzeit wurde Vollzeit, und inzwischen gehört der Betrieb seiner Eberlein GbR und liefert allein aus 6000 Quadratmetern Fläche unter Glas an Tomatensorten, was die Verbraucher schätzen, von Cherry- und Strauch- über Eier- bis zu Fleischtomaten.
Der Kundenstamm seines Hofladens reicht bis nach Lipperreihe und Steinhagen, einen großen Teil der täglichen Ernte liefert Eberlein an den Supermarkt-Betreiber WEZ in den Raum Minden. Die Firma legt so viel Wert auf die gleichbleibend gute Qualität aus Bielefeld, dass er mit der Sicherheit eines Dauerkunden ein neues Gewächshaus baute. Jetzt wachsen die prallroten aromatischen Früchte zwar auf heimischer Erde, aber unterstützt von modernster Beschattungs- und Bewässerungstechnik. Der Hausherr verweist auch gleich auf zwei wesentliche Unterschiede seiner Produkte: Sie werden rot geerntet, müssen also nicht nachreifen, und sie wachsen auf Erde, nicht auf Substrat.
An vier Meter hohen feinen Schnüren ziehen sich die Pflanzen im Gewächshaus unter das Glasdach, hoch zum Licht. Aus dem dichten Grün der Blätter leuchten die reifenden Früchte hervor, jede Menge grüner Rohlinge ist schon nachgewachsen.
Überhaupt befindet sich die Tomate von Februar bis November ständig im Wuchs, schafft übers Jahr locker 14 Meter, immer am Faden geführt. Jede Menge Arbeit für Mitarbeiter wie Andarra Nickoplastia, der reife Früchte erntet, von einem rollbaren Gerüst zwischen den dichten grünen Reihen im oberen Bereich die Triebe neu anleint und im unteren Bereich zur besseren Reife die Blätter entfernt.
Die wunderbaren Früchte und der hocheffektive Betrieb macht Eberlein Freude (»Ich würde mich wieder für diese Tätigkeit entscheiden«), die Situation auf dem Energiemarkt um so weniger. Eberlein: »Die Sache mit dem Heizöl ist katastrophal.« Er braucht es zum Beheizen der Gewächshäuser. Allerdings inzwischen 30 Prozent weniger. Als erster Betrieb hat er spezielle Energiegewebe unter die Glasdächer gespannt: Die schützen die Tomaten tagsüber vor Sonnenbrand und wirken nachts gegen den Wärmeverlust.
Ganz besonders stolz ist Siegfried Eberlein auf seine Biobilanz: Seine Gewächshäuser sind Tomatenland und ein Paradies für Hummeln, denn die übernehmen die Bestäubung jeder einzelnen Blüte. Gegen die schädliche weiße Fliege nutzt der Chef Geschwader von Schlupfwespen. Eberlein kommt ohne chemische Hilfsmittel und ohne Leitungswasser aus. Gleich neben den Gewächshäusern, in denen auch Avocados, Auberginen, Minigurken und Stangenbohnen wachsen, steht der 400 000 Liter fassende Regenwasserspeicher. Ohne eine vernünftige Energiebilanz gäbe es wohl keine Tomaten aus Babenhausen mehr.
Und trotzdem ist jede Investition in die Technik eine unternehmerische Gratwanderung. Wer in eine frisch gepflückte Tomate beißt, weiß, dass Siegfried Eberlein auf dem richtigen Weg ist: »Unsere vielen überzeugten Kunden sprechen für sich; sie geben uns Sicherheit.«

Artikel vom 18.07.2006