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Landwirte kommen ins Schwitzen

Landregen käme dem Getreide, Raps und Mais jetzt gelegen -Êkeine Trocknungskosten

Von Bernhard Hertlein
Düsseldorf/Bielefeld (WB). »Bei dieser Hitze kochen die Kartoffeln schon vor der Ernte im Sandboden«, sagt Dr. Joachim Holz, Leiter des Fachbereichs Getreide-, Öl- und Eiweiß-Pflanzen bei der nordrhein-westfälischen Landwirtschaftskammer in Düsseldorf.

Den Landwirten zwischen Rhein und Weser wird es in diesen Tagen aus ganz unterschiedlichen Gründen besonders heiß. Die Einen kommen ins Schwitzen, weil sie just in der großen Hitze die letzten Reste der reifen Wintergerste einbringen. Dabei freuen sie sich über die aktuelle Witterung, spart sie ihnen doch Geld, das sie sonst in die Trocknung investieren müssten. Wegen der steigenden Energiepreise wird diese immer teurer.
Im Mittel liegt die Ernte bei der Gerste in Qualität und Menge etwas unter Vorjahresniveau. »Der Durchschnittswert täuscht allerdings über eine riesige Bandbreite«, erklärte Holz gestern im Gespräch mit dieser Zeitung. Oft lägen nur wenige Kilometer zwischen dem einen Acker, auf den während eines Gewitters ein wahrer Wolkenguss nieder ging, und einem anderen, der seit Wochen keinen Regentropfen gesehen hat.
Nach Angaben des Bielefelder Landwirts Hans-Jürgen Kleimann, Vizepräsident des westfälisch-lippischen Bauernverbandes, reifen die anderen Getreidesorten Weizen, Roggen und Tricale etwas zu frühzeitig und schnell. Noch seien Êin der Regel keine Trockenschäden zu beklagen. Das gelte auch für den Raps: »Aber spätestens Anfang nächster Woche könnten wir Landwirte einen schönen Landregen gut gebrauchen«, sagt Kleimann. »Er kann ja ruhig in der Nacht niedergehen.«
Im Vorteil sind bei diesem Hitzewetter nach Angaben von Holz eindeutig die schweren lehmigen Böden, die das wenige Wasser wenigstens länger festhalten. Dagegen wäre bei Sandboden, wie er in der heimischen Senne-Landschaft sehr verbreitet ist, eigentlich künstliche Bewässerung angesagt: »Sie ist aber für den Landwirt, der an der Grenze der Rentabilität wirtschaftet, nicht bezahlbar.«
Ins Schwitzen dürften die Maisbauern kommen. Kleimann: »Die Pflanzen befinden sich jetzt in der Wachstumsphase.«ÊWährend sich nun die Kolben ausbilden, wäre Wasser dringend notwendig.
Ähnliches gelte für viele Gemüsearten und für die Zuckerrübe. Die Landwirte machten sich Sorgen; aber für Klagen bestehe im Allgemeinen noch kein Anlass. Das gelte auch für die, die ihre Kartoffeln in Lehmboden eingebracht haben.
Bauern und Verbraucher haben nicht vergessen, dass ihnen erst im Mai der Regen die Freude an der Spargelernte verleidet hat. Auch die Erdbeerbauern waren über den Regen und die anschließende Schwülwetterphase nicht glücklich: Die roten Früchte reiften erst gar nicht und dann viel zu schnell. »In diesem Jahr war die Erdbeerernte klar unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre«, erklärte Kleimann.
Was die anderen Obstsorten betrifft, so stehen die Chancen auf eine gute Ernte weitaus besser. Dies gilt auch für die Himbeeren und für die Blaubeeren, die in diesen Tagen eingesammelt werden. Besonders den »dicken Blauen« bekommt die Hitze offensichtlich sehr gut: Sie sind jetzt noch süßer und außerdem in großen Mengen verfügbar.

Artikel vom 18.07.2006