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Ärzte brechen Gespräche ab

Streiks verschärft - Montgomery hat nichts gegen Schlichtung

Düsseldorf (dpa). Wegen unüberbrückbarer Differenzen in der Gehaltsfrage sind die Tarifverhandlungen für die 70 000 Ärzte an kommunalen Kliniken geplatzt. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) beendete gestern in Düsseldorf die Gespräche mit den Arbeitgebern, nachdem erneut keine Annäherung erzielt worden war.

Der Marburger Bund kündigte an, die Streiks an den 700 Kreiskrankenhäusern und städtischen Kliniken auszuweiten und nun »Insel-Lösungen« mit den einzelnen Kliniken zu suchen. In Ostwestfalen-Lippe will die Ärzteschaft der Städtischen Kliniken in Bielefeld morgen von 8 bis 11 Uhr die Arbeit niederlegen. Betroffen sind die Klinik Mitte sowie die Klinik Rosenhöhe in Brackwede. Das Streikkomiteee rechnet damit, dass 100 Ärzte und Ärztinnen dem Aufruf folgen werden.
Bestreikt werden soll morgen auch das Krankenhaus in Lübbecke. 30 Mediziner wollen sich beteiligen.
»Ich habe das Gefühl, der Flächentarifvertrag für die kommunalen Krankenhäuser wird hier heute beerdigt«, sagte MB-Verhandlungsführer Lutz Hammerschlag. »Es hat keinen Zweck, mit einem weiter zu reden, der erwartet, dass wir Dumpingpreise für unsere Ärzte vereinbaren.«
Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Frank Ulrich Montgomery, hat gestern nicht ausgeschlossen, dass der verhärtete Tarifkonflikt durch einen Schlichter beigelegt werden könnte.
Der Verhandlungsführer der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber (VKA), Otto Foit, bedauerte das Scheitern der Gespräche. »Wir haben das nicht gewollt. Wir sind bei den Arbeitsbedingungen bis aufs Äußerste entgegengekommen.« Foit stellte klar, dass sich die Arbeitgeber in allen geforderten Punkten auf die Gewerkschaften zubewegt hätten - bei einem Ärzte-Tarifvertrag, bei Arbeitsbedingungen und auch bei Gehaltssteigerungen. Der Marburger Bund habe sich jedoch seit Wochen nicht einen Millimeter bewegt, sagte eine VKA-Sprecherin.
Die Tarifverhandlungen hatten am 9. März begonnen. In elf Tagen mit sechs Verhandlungsrunden hatten die Tarifparteien wiederholt zusammen gesessen.
Noch am Montag war Bewegung in die Gespräche gekommen, als die Arbeitgeber ein verbessertes Angebot zu Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten vorgelegt hatten. Der Marburger Bund lehnte in der vergangenen Woche ein Angebot als unzureichend ab, das Gehaltssteigerungen bei Assistenzärzten von monatlich bis zu 600 Euro vorsah. Der MB kritisierte diese Berechnung und verlangte unter anderem häufigere Gehaltssteigerungen als vorgesehen.
»Wir haben uns mehr gestreckt als vertretbar. Es geht dem Marburger Bund allein ums Geld«, konstatierte Foit. Der Marburger Bund kündigte Tarif-Insellösungen für einzelne Krankenhäuser an. In Baden-Württemberg hätten 15 Kliniken Haustarifverträge mit der Gewerkschaft abgeschlossen. Ein VKA-Verhandlungsmitglied sprach deshalb von einem »Häuserkampf« der Kliniken. Der MB hatte zuvor wiederholt betont, der Abschluss mit den Universitätskliniken mit Gehaltssteigerungen von bis zu 20 Prozent sei die Grundlage der Verhandlungen.

Artikel vom 19.07.2006