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Hemden aus Wollfilz oder Leinen

Modedesignerin Banach beschäftigt sich mit dem Thema »Bestattung«


Bielefeld (bp). »Das Diplomthema setzt eine Beschäftigung mit dem eigenen Sterben voraus,« sagt Bestatterin Lindy Ziebell. Im »Raum für Abschied und Erinnerung« an der August-Bebel-Straße 30 a sind noch drei Monate lang moderne Leichenhemden zu sehen und anzufassen - Diplomarbeit der Modedesignerin Afra Banach an der Fachhochschule Pforzheim.
Afra Banach will damit nicht zuletzt an den Brauch aus früheren Tagen anknüpfen: Anno dazumal gehörte ein Totenhemd aus weißem Stoff, meist aus Baumwollbatist, zur Aussteuer. Die Anfertigung des Hemdes diente der Vorbereitung auf den eigenen Tod.
Dr. Rosa Rosinski, Leiterin des Bauernhaus-Museums weiß, dass es üblich war, dass der, der auf einen Hof einheiratete, sein Totenhemd mitbrachte - Frauen wie Männer. Im Ravensbergischen sollte das Totenhemd aus feinem Leinengarn gewebt und länger als ein normales Hemd sein, und es sollte, anders als die übliche Aussteuerwäsche, kein Monogramm tragen. Wer zur Hochzeit kein Totenhemd mitbrachte, der durfte es auch später noch herstellen, aber, so Rosa Rosinski, ». . . nur an so genannten guten Tagen und nicht an Sonntagen.« Die Bräuche seien regional sehr unterschiedlich gewesen - und nicht beschränkt auf das Land. Auch bei Städtern sei es durchaus Brauch gewesen, dass das eigene Totenhemd zur Aussteuer gehörte.
Afra Banach betont, dass es üblich sei, bei der Taufe und bei der Hochzeit festliche Kleidung zu tragen - eben Tauf- und Brautkleid bzw. Hochzeitsanzug. Doch nach dem Tod eines Menschen werde heutzutage meist Alltagskleidung für den Sarg gewählt, sagt Bestatterin Lindy Ziebell: »Das liegt im Trend.«
Afra Banach präsentiert fünf Leichenhemden aus Wollfilz, Seide, Leinen, lang geschnitten, so dass Füße und Arme bedeckt sind. Dekoriert sind sie mit schlichten Zeichen wie einem Stern, mit Blättern, aber auch mit Gedichten oder Sprüchen. Lindy Ziebell: »Natürlich bietet es sich an, wenn man sich einen solchen Vers schon zu Lebzeiten aussucht.«
Die Modedesignerin aus Pforzheim näht die von ihr kreierten Leichenhemden weiter auf Bestellung; Lindy Ziebell stellt auf Wunsch den Kontakt her. Angeschaut werden können die Hemden im »Raum für Abschied und Erinnerung« montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr.

Artikel vom 18.07.2006