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Staat bittet mehr
Rentner zur Kasse

Steuerpflichtiger Teil fast verdoppelt

Von Edgar Fels
Berlin (WB). Etwa jeder fünfte oder sechste der 20 Millionen Rentner in Deutschland muss für das Jahr 2005 Steuern zahlen. Ihre Einkünfte aus Renten, Pensionszahlungen, Miet- und Zinseinkünften liegen über den Freibeträgen.

Als Faustformel gilt: Wer als Ruheständler monatlich mehr als 1550 Euro (Ehepaare: etwa 3100 Euro) an Einnahmen erzielt, wird vom Fiskus zur Kasse gebeten.
Etwa ein bis zwei Millionen Rentner müssen sogar erstmals in ihrem Ruhestand Steuern zahlen. Der Grund dafür ist, dass der steuerpflichtige Anteil der im Jahr 2005 bezogenen Renten nicht mehr 27 Prozent beträgt, sondern 50 Prozent. So sieht es die zum 1. Januar 2005 vorgenommene Neuregelung der Rentenbesteuerung vor. Die Zahl der steuerpflichtigen Rentnerhaushalte erhöht sich damit nach Angaben des Bundesfinanzministeriums von 2,0 auf 3,3 Millionen Haushalte.
Um die neuen Steuerzahler zu kontrollieren, hat die Bundesregierung zugleich die »Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen« (ZfA) mit Sitz in Brandenburg an der Havel mit neuen Aufgaben betraut: Die ZfA soll künftig sämtliche Informationen über Rentenzahlungen von mehr als 5700 privaten und gesetzlichen Rentenversicherern erfassen und an die Finanzämter weiterleiten.
Allerdings wird die ZfA aufgrund technischer Schwierigkeiten frühestens Anfang 2008 über die an Rentner gezahlten Altersbezüge informiert werden. »Dadurch wird Rentnern womöglich erst 2008 bewusst, dass sie seit 2005 Steuern zahlen müssen«, kritisiert der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer. »Wer dies versäumt hat, muss dann im Jahr 2008 neben den regelmäßigen Vorauszahlungen die Steuern für die Jahre 2005, 2006 und 2007 nachzahlen«, sagt Bauer. Der Verband befürchtet, dass es so manchen Rentner finanziell überfordern könnte.
Der Sozialverband beklagt zudem, dass die neue Rentenbesteuerung für Verunsicherung sorge. Zwar seien vorerst nur hohe Renten von monatlich über 1575 Euro betroffen, in den nächsten Jahren würden aber nach und nach immer mehr Rentner eine Steuererklärung einbezogen.
Wer wird nun zur Kasse gebeten? Dazu der SoVD: »Ein allein stehender Rentner, der im Jahr 2005 oder früher in Rente gegangen ist und keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte bezieht, bleibt bis zu einer monatlichen Bruttorente von etwa 1575 Euro steuerfrei. Bei Rentnerehepaaren verdoppelt sich dieser Betrag. Für Rentner mit Zusatzeinkünften gilt diese Faustformel nicht.«
Beispiel: Ein verheirateter Ruheständler bezieht jährlich eine Pension von 6000 Euro sowie eine gesetzliche Altersrente von 12000 Euro, seine Frau bekommt 16000 Euro Altersrente. Steuerpflichtig ist die Hälfte der jeweiligen Altersrenten - also 8000 plus 6000 Euro - sowie ein Teil der Pension - hier 2600 Euro. Rechnet man den Werbungskosten-Pauschbetrag ab, bleiben als Gesamteinkünfte 16394 Euro. Damit wird der Freibetrag von 15329 Euro überschritten. Das Ehepaar muss eine Steuererklärung abgeben.
Keine Sorgen braucht sich der »Standardrentner« zu machen, der derzeit 1176 Euro im Monat nach 45 Jahren Durchschnittsverdienst erhält. Seine Altersbezüge werden nach heutiger Gesetzeslage frühestens bei einem Rentenbeginn ab 2011 steuerlich belastet.

Artikel vom 17.07.2006