19.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Landis wieder in »Gelb«:
Angst vor Verfolger Klöden

Armstrong spielt Tour-Gast - Schleck gewinnt Königs-Etappe

L'Alpe d'Huez (dpa). Wieder ein Mal war Lance Armstrong an einer Vorentscheidung bei der Tour de France direkt beteiligt. Unter den Augen des Tour-Gastes hat sich sein Landsmann Floyd Landis auf dem Weg nach l'Alpe d'Huez erneut in die Führungs-Position geschoben.

Im Ziel der 15. Etappe der 93. Tour de France verlor der Spanier Oscar Pereiro sein Gelbes Trikot an den Amerikaner. T-Mobiles Ullrich-Ersatz Andreas Klöden rückte um einen Rang auf Platz sechs auf und nahm allen vor ihm platzierten Fahrern bis auf Landis Zeit ab.
Vor der vielleicht noch schwereren zweiten Alpen-Etappe heute nach La Toussuire führt der frühere Armstrong-Helfer Landis mit zehn Sekunden vor Pereiro und 2:29 Minuten vor Klöden. Beide gelten als stärkste Zeitfahrer und am vorletzten Tourtag steht noch ein 57 Kilometer langer Kampf gegen die Uhr auf dem Programm. Jetzt hat Klöden, der 2004 schon ein Mal Zweiter war, in Paris das Podium im Visier.
Der Luxemburger Frank Schleck vom CSC-Team, im April Gewinner des Amstel Gold Race, holte sich den Tagessieg im Alleingang. Bis drei Kilometer vor dem Ziel konnte noch Damiano Cunego (Italien) an seiner Seite vom prestigeträchtigen Sieg in L'Alpe d'Huez träumen.
Lange Zeit hatte eine 14- bis 18-köpfige Spitzengruppe, in der auch Fabian Wegmann und Etappensieger Jens Voigt fuhren, das Geschehen bestimmt. Aber als das legendäre Finale auf dem 13,8 Kilometer langen Schlussanstieg nach L'Alpe d'Huez anstand, änderte sich die Situation. Die Steigung mit den 21 Kehren nahmen nur noch die sieben stärksten der Ausreißergruppe an der Spitze in Angriff. Hinter ihnen hatten sich aus dem Verfolger-Feld Landis und Klöden gelöst, die auf den Tagessieger bis auf 1:10 Minuten herangefahren waren.
»Jetzt ist es möglich für mich. Ich habe heute nicht attackiert, sondern das Feld und die Favoriten nur kontrolliert«, sagte Landis. »Klöden scheint mir jetzt mein ärgster Konkurrent zu sein.«
»Großes Lob meinem gesamten Team - die sind heute toll gefahren, besonders Matthias Kessler. Ich habe gestern Nacht von L'Alpe d'Huez geträumt. Leider ist der Traum nicht ganz in Erfüllung gegangen, aber ich bin mit dem heutigen Tag zufrieden«, sagte Klöden im Ziel, nachdem er fünf Minuten lang wie versteinert dagestanden und auf sein Rad gestützt nach Luft geschnappt hatte.
Sein Landsmann Markus Fothen vom Team Gerolsteiner verlor gleich 5:16 Minuten auf Schleck und seinen 12. Rang im Gesamtklassement. Er verteidigte aber sein Weißes Trikot als bester Nachwuchsfahrer.
Am Fuß des Lautaret gab Weltmeister Tom Boonen, der auf den Flachetappen vergeblich einem fest eingeplanten Etappensieg hinterher gefahren war, rund 75 Kilometer vor dem Ziel auf. Damit verabschiedete sich der 25-jährige Belgier auch endgültig von seinen Träumen auf das erste Grüne Trikot seiner Karriere. Boonen, der an einem Magen- und Darminfekt litt, hatte die Tour auch im Vorjahr nach einem Sturz vorzeitig verlassen müssen. Er hatte vier Tage Gelb getragen.
Die Tour hatte hohen Besuch. Wenn auch nicht unbedingt aus der Sicht der Gastgeber. Der im Vorjahr zurückgetretene und danach mit konkreten Doping-Vorwürfen konfrontierte Seriensieger Lance Armstrong saß im Begleitfahrzeug seines ehemaligen Discovery-Channel-Teams. Armstrong war 2004 der letzte Sieger in der Skistation, die vor zwei Jahren Bühne eines Zeitfahrens war.

Artikel vom 19.07.2006