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Die Kraft des
Märchens

»Ring«-Zyklus in Weimar gefeiert

Von Antje Lauschner
Weimar (dpa). Das Deutsche Nationaltheater Weimar wagt sich nach mehr als 50 Jahren wieder an den gesamten Zyklus »Der Ring des Nibelungen« von Richard Wagner.
Rheingold: Christine Hansmann und Mario Hoff.

Den Auftakt machte am Samstag im ausverkauften Traditionshaus »Das Rheingold« - der »Vorabend« des Bühnenfestspiels, in dem die Rollen im Kampf um Macht und Liebe ganz irdisch verteilt werden. In »Die Walküre«, »Siegfried« und »Götterdämmerung« setzen die folgenden Generationen den Kampf fort. Die 800 Premierengäste feierten die Inszenierung von Operndirektor Michael Schulz mit langem Beifall und Bravos.
Herausragend in der Rolle des Nibelungen Alberich: Tomas Möwes, der mit großer Stimme und Gesten der gedemütigte, machtbesessene und später geschlagene Zwerg ist. Unter die Haut ging sein grausamer Fluch, als der Göttervater Wotan (Mario Hoff) ihm den aus dem Rheingold geschmiedeten Ring abnahm und Alberich mit verzweifeltem Aufbäumen Widerstand leistete.
Eine Überraschung gleich am Anfang: Die drei Nornen, die Wotan für den Preis eines Auges aus dem Quell des ewigen Wissens trinken lassen, sind drei kichernde Mädchen. Beim Spiel ihrer Handpuppen, den Drachen aus dem Kasperle-Theater, tauschen sie verschwörerisch ihr Wissen aus. Operndirektor Schulz und Dramaturg Wolfgang Willaschek setzten in ihrer Inszenierung auf die Kraft des Märchens mit Nixen, Riesen und Zwergen. Der Zauber des »Rings« offenbart sich spielerisch mit fantasievollen Szenen in einem zeitlich neutralen Bühnenbild.
Das Weimarer Traditionshaus will bis 2008 die gesamte Tetralogie inszenieren und sie dann geschlossen aufführen. 2009 plant das Haus zudem eine spezielle Bearbeitung des »Rings« für Kinder. Ein Merkmal des Weimarer Rings soll sein, dass die einzelnen Sängerinnen und Sänger im Zyklus mehrere Partien übernehmen werden. Aus Freia in »Rheingold« wird Sieglinde in »Die Walküre«, Brünnhilde in »Siegfried« und Gutrune in »Götterdämmerung«. Alberich gerät als Wanderer in die Welt des Siegfried, und Wotan wird in der Folge zu Alberich.

Artikel vom 17.07.2006