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Das Stadttheater damals und heute

Nach der Renovierung: Fassade wie 1904, Foyer wie 1950 und Zuschauerraum ganz neu

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). »Die Reaktionen sind ganz überwiegend positiv,« betont Günther Tiemann, Vorstand der Theaterstiftung Bielefeld, nachdem die Fassade des Stadttheaters nach zwei Jahren wieder sichtbar ist.

Dass das Theater äußerlich nicht mehr so aussieht wie vor Beginn der Renovierung, sei keine »Frage des Geschmacks«. Es sehe so aus »wie im Baujahr 1904«. Dass das Stadttheater jetzt nicht mehr mit dem benachbarten Alten Rathaus, im selben Jahr fertig gestellt, harmoniere, weist Tiemann weit von sich: »Das Rathaus ist ein Sandsteinbau, das Stadttheater war schon immer überwiegend ein Putzbau.« Der Putz war allerdings jahrzehntelang hinter Farbschichten verborgen.
Erst, als das Land unerwartet aus Mitteln der Stadterneuerung 386 000 Euro zur Verfügung stellte, sei es überhaupt erst möglich gewesen, die Fassade zu sanieren. Die Sanierung sei mit der Unteren Denkmalbehörde und des Westfälischen Amt für Denkmalpflege abgestimmt, man habe eigens ein Fachbüro (Ars Colendi, Paderborn) beauftragt, durch Proben und Analysen heraus zu finden, wie das Stadttheater Anno 1904 ausgesehen hat. Denn: Es gibt keine Farbfotos, Ansichtskarten des Ensembles wurden damals koloriert und gelten als nur begrenzt verlässlich. Schwarzweiß-Aufnahmen zeigen nur helle und dunkle Flächen.
Man habe schließlich heraus gefunden, dass die Fassade gar nicht gestrichen war. Nachdem mehrere Schichten entfernt worden waren, sei der ursprüngliche Putz in seinem »warmen graubeigen Ton« zu Tage getreten. Die Denkmalpflege habe empfohlen, die Flächen dennoch zu überstreichen, zum einen, um sie zu schützen, zum anderen, um die Kriegsschäden vor allem zur Rathausseite hin zu überdecken. Im Absprache mit Denkmalschützern und Stiftungskuratorium habe man sich für einen um Nuancen helleren Ton als den von 1904 entschieden. Tiemann: »Denn dunkler wird es von alleine.« Der (Beton-)Portikus aus den 1970er Jahren, Amphoren und Obelisken entsprächen farblich dem hellen Muschelkalk der Fassade. Auch die Putten habe man gereinigt - und festgestellt, dass sich unter der Farbschicht Kunststein verborgen hat. Tiemann: »Die Putten wurden nicht frisch mit Farbe überzogen, sondern nur geölt - sie werden im Laufe der Zeit heller.«
Tiemann versichert, man habe sich intensiv darum bemüht, den Farbeindruck der Stadttheater-Fassade »so gut zu treffen wie es überhaupt nur geht«. Überhaupt: Außen sei das Theater jetzt wie im Baujahr 1904, das Foyer sei im Zustand der 1950er Jahre erhalten geblieben und der Zuschauerraum ist neu, »von heute«.

Artikel vom 15.07.2006