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ROBIN erleichtert Integration

Projekt in Lübbecke: »Lotsen« erklären Ausländern Deutschland

Von Dietmar Kemper
Lübbecke (WB). »Integration ist nicht nur ein Thema in den großen Städten«, sagt Karl-Heinz Holt vom Diakonischen Werk Lübbecke. Der 54-jährige leitet das Projekt »ROBIN«. Die Abkürzung steht für die Erfolgsformel in Sachen Eingliederung: »Rückgrat und Orientierung bringen Integration«.
Karl-Heinz Holt leitet das Projekt ROBIN.

Das vom Bundesamt für Migration mit 80 Prozent der Kosten geförderte, auf drei Jahre angelegte Projekt zielt auf Spätaussiedler und Ausländer »mit Aufenthaltsperspektive«. Das können anerkannte Flüchtlinge oder zum Beispiel Zuwanderer sein, die durch Heirat einen gesicherten Aufenthaltsstatus bei uns erhalten haben. Viele zugewanderte Menschen trauten sich wenig zu und hätten große Schwellenängste, berichtet Holt, der die Migranten ermutigen möchte aus ihrer Zurückgezogenheit hinauszutreten. Ihnen bietet er in Lübbecke, Rahden, Pr. Oldendorf und anderen Kommunen im Altkreis Lübbecke sechswöchige »Kurse zur persönlichen Orientierung« an.
Die Neubürger erfahren, welche Ämter, Beratungsstellen und Vereine es in ihrer neuen Heimat gibt. Bei Exkursionen lernen sie die größeren Firmen kennen, besuchen das Heimatmuseum und Zeitungsredaktionen.
Nicht ohne Grund wird jeder einzelne Teilnehmer nach seinen Stärken und Schwächen gefragt. Wenn jemand seine Fähigkeiten einbringen kann, wächst sein Selbstvertrauen. Und genau das will Holt mit der Initiative »Kulturforum Migration« fördern. Menschen werden dazu animiert, ihr musikalisches oder künstlerisches Können bei Veranstaltungen einzubringen und sich so aus der Einigelung zu befreien.
Integration definiert Projektleiter Holt als »Heimat finden im Kontakt mit der ansässigen Bevölkerung«. Den Sprung vom Fremden zum Vertrauten haben zehn »Integrationslotsen« schon geschafft. Aussiedler und Ausländer, die inzwischen zu Deutschen geworden sind, helfen den neuen Migranten bei der Eingliederung. Für ihre Aufgabe wurden sie seit Februar drei Monate lang von der Diakonie Lübbecke, der Evangelischen Erwachsenenbildung und dem Bildungswerk der Parität Lübbecke ausgebildet.
Mit dem Ziel, das Wissen weiterzugeben, lernten sie alles Wichtige über deutsche Gesellschaft und Kultur, soziale Angebote, Versicherungen und medizinische Versorgung. Integrationslotsen kommen leichter an ihre Landsleute heran und können den Weg dazu ebnen, dass sich Ausländer zusammentun und als Migrantenselbstorganisation Einfluss auf Politik und Leben vor Ort nehmen. »Rückgrat ist für Integration unerlässlich«, betont Holt.
Die Förderung der Integration seitens des Staates leide unter Geldmangel und dem Irrglauben, dass ein Zugewanderter drei Jahre nach der Einreise eingegliedert sei. »In den ersten beiden Jahren schlagen sich die Neubürger überwiegend mit Bürokratie herum«, berichtet Holt und fordert deshalb: »Integrationsunterstützende Maßnahmen muss es auch noch länger als drei Jahre nach der Einreise geben.«

Artikel vom 15.07.2006