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Die Israelis verstärken die Angriffe

Mehr als 60 Menschen getötet

Beirut/Tel Aviv (dpa/Reuters). US-Präsident George W. Bush will keinen Druck auf Israel ausüben, um einen Waffenstillstand mit dem Libanon durchzusetzen. Dies sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, am Freitag in St. Petersburg kurz vor dem ersten Treffen Bushs mit Russlands Präsident Wladimir Putin.

Bush betonte, Israel habe »ein Recht auf Selbstverteidigung«. Ungeachtet der wachsenden internationalen Kritik hat die israelische Armee am Freitag ihre Angriffe auf Ziele im benachbarten Libanon verstärkt. Dabei kamen mindestens fünf Menschen ums Leben, 65 wurden verletzt. Die Zahl der Opfer erhöhte sich seit Mittwoch auf mehr als 60. Bei den Luftattacken auf den Süden des Landes ist möglicherweise eine deutsch-libanesische Familie aus Mönchengladbach ums Leben gekommen. »Wir haben bisher unbestätigte Hinweise«, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Sie bestätigte einen Bericht der »Süddeutschen Zeitung« (Samstag).
Demnach war die Familie zu Besuch bei Verwandten, als das Haus in der Ortschaft Schoher gegen vier Uhr am Donnerstagmorgen zerstört worden sei. Bei dem Angriff seien der 43 Jahre alte Familienvater, dessen 30 Jahre alte schwangere Frau sowie die 14-jährige Tochter, die zuletzt ein Gymnasium in Mönchengladbach besucht hatte, ums Leben gekommen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes halten sich 1000 deutsche Staatsbürger im Libanon auf, die Hälfte von ihnen mit libanesischen Wurzeln.
Milizionäre der radikal-schiitischen libanesischen Hisbollah-Bewegung feuerten erneut zahlreiche Katjuscha-Raketen auf den Norden Israels ab und töteten eine Großmutter und ihren fünfjährigen Enkel. Zwölf Menschen wurden verletzt. Mehr als 700 Geschosse gingen bislang auf Israel nieder.
Innerhalb von 24 Stunden flogen israelische Flugzeuge fünf Angriffe auf die Landebahnen des internationalen Flughafens von Beirut. Bombardiert wurde am Freitag abend ebenfalls das Haus des radikal-islamischen Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah. Der Scheich, seine Familie und seine Leibwächter seien aber nicht verletzt worden, berichtete der Fernsehsender Al-Manar.
Im Libanon wurde wichtige Infrastruktur beschädigt, darunter die Schnellstraße nach Damaskus, zwei Elektrizitätswerke und mehrere Brücken. Der Beiruter Flughafen und die Straße nach Damaskus blieben am Freitag weiterhin geschlossen. Bis Donnerstagabend hatten mindestens 15 000 Touristen das Land verlassen.
Russlands Präsident Wladimir Putin rief zum sofortigen Ende des Blutvergießens auf. Auch der Vatikan verurteilte das Vorgehen in Libanon. Israel macht die Regierung in Beirut für einen Überfall der Hisbollah verantwortlich, bei dem am Mittwoch zwei israelische Soldaten entführt und acht getötet worden waren. Der Führer der von Syrien und Iran unterstützten Schiiten-Organisation Hisbollah, Nasrallah, verlangt die Freilassung palästinensischer Häftlinge.S. 4: Hintergrund/Kommentar

Artikel vom 15.07.2006