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Bielefelds Partnerstadt
unter Katjuscha-Beschuss

Menschen in Schutzräumen: »Leben in der Kriegszone«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Die Menschen in Bielefelds israelischer Partnerstadt Nahariya sitzen in Schutzräumen. Die Stadt an der Grenze zum Libanon ist von der Hisbollah mit 60 Katjuscha-Raketen beschossen worden, eine 40-jährige Frau wurde getötet, als sie auf ihrem Balkon stand, 28 Menschen liegen verletzt in Krankenhäusern. »Wir leben in der Kriegszone«, mailte am Donnerstag Galia Mor, die bei der Stadtverwaltung von Nahariya tätig ist, an Ellen Golinja, im Bielefelder Rathaus für Städtepartnerschaften zuständig.

Galia Mor schreibt auch, dass die Situation für die Stadt auch deshalb schon schlimm sei, weil einer der beiden entführten israelischen Soldaten aus Nahariya stammt. Er ist der Schwiegersohn einer früheren Austauschlehrerin am Gymnasium Heepen, Daniela Avni. Klaus Kreppel, der die Partnerschaft des Gymnasiums mit der Amal-Schule in Nahariya seit Jahren betreut, hat gestern mit Freunden telefoniert, unter anderem mit Andreas Meyer, der die Städtepartnerschaft mit begründete. Er habe berichtet, dass Ausgehverbot herrsche, alle Veranstaltungen abgesagt worden seien; die Stadt sei abgeriegelt.
Ellen Golinja ist betroffen von den dramatischen Nachrichten: »Es war doch lange ruhig dort. . .« Im Mai des vergangenen Jahres feierte eine offizielle Delegation mit Oberbürgermeister Eberhard David in Israel das 70-jährige Stadtjubiläum von Nahariya mit. Das Heeper Gymnasium und die Amalschule in Nahariya verbindet zudem eine langjährige Schulpartnerschaft. Im Oktober erwarten die Heeper im Rahmen des Austausches zwischen den beiden Schulen 15 Mädchen und Jungen aus Nahariya. Kreppel wollte in der nächsten Woche nach Israel und Nahariya reisen: »Wenn die Lage so bleibt, wie sie jetzt ist, sage ich alles ab.« Er habe erfahren, dass Raketen mitten im Stadtzentrum eingeschlagen seien »zum Glück, bevor die Läden geöffnet hatten«. Ellen Golinja weiß, dass sich zurzeit niemand offiziell in Nahariya aufhält: »Ob jemand einen privaten Besuch dort macht - keine Ahnung.«
Auch kein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft sei momentan in Nahariya, so Vorsitzender Günther Tiemann. Tiemann, der die Stadt seit 1975 kennt und Freunde dort hat, versuchte gestern auch, Kontakt aufzunehmen.
Galia Mor lässt trotz ihrer schwierigen Lage Grüße ausrichten und schreibt: »Wir erleben heute eine sehr traurigen Tag.«

Artikel vom 14.07.2006