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Die Brücke macht noch Sorgen

Regensburg hat es auf die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO geschafft

Von Ulf Vogler
Regensburg (dpa). Regensburg ist in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden. Die Stadt hatte sich seit etwa 20 Jahren um die Aufnahme in die prestigeträchtige Liste bemüht.

In Jubelarien wollten die Regensburger nicht ausbrechen, auch wenn die Stadt das Rathaus schon nach kürzester Zeit mit einem großen Transparent »Regensburg - UNESCO-Welterbe« schmückte. Oberbürgermeister Hans Schaidinger gab unumwunden zu, dass er in den vergangenen Wochen wegen der Bewerbung der Stadt bei der UNESCO innerlich »eher pessimistisch« gewesen sei. »Das hätte auch schief gehen können«, meinte der Kommunalpolitiker. Denn die Weltorganisation ist inzwischen sehr streng bei der Aufnahme neuer historischer Stätten als Weltkulturerbe.
Tatsächlich hatten die Regensburger noch in den vergangenen Tagen den Delegierten bei der Welterbe-Konferenz in Litauens Hauptstadt Vilnius Unterlagen nachgereicht. Letztlich ging es für die Stadt dann doch relativ glatt. Die Denkmalschützer aus allen Teilen der Welt hatten keine Bedenken, stimmten gestern in nur sieben Minuten für Regensburg und ernannten die Stadt so zur 32. deutschen Welterbestätte.
Für die Oberpfälzer endete so ein etwa 20 Jahre dauernder Kampf um die begehrte, deutlich steigende Touristenzahlen versprechende Auszeichnung mit einem »Happy End«. Nach ersten Bemühungen Mitte der 80er Jahre und einem langen Weg durch die deutsche und internationale Kulturbürokratie hatte Regensburg schließlich vor zwei Jahren die in Deutsch und Englisch abgefasste Bewerbung mit 3000 Seiten Umfang vorgelegt. Die UNESCO-Experten erfuhren alles über die Geschichte der einzelnen Bauten, den Zeitpunkt der Sanierung und die noch erhaltene Original-Bausubstanz.
Im Unterschied zu Einzeldenkmälern wie der Wartburg bei Eisenach erhielt im Fall von Regensburg das Altstadt-Ensemble als Ganzes den Titel. Allerdings hat man dort herausragende Einzelbauten zu bieten. Neben dem gotischen Dom St. Peter ist dies insbesondere die im 12. Jahrhundert errichtete Steinerne Brücke, die der einzige Donauübergang zwischen Ulm und Wien war.
Doch die »Steinerne« könnte auch bald zur ersten Bewährungsprobe für die junge Weltkulturerbe-Stätte werden. Denn an der ältesten Brücke Deutschlands nagt der Zahn der Zeit. Das Denkmal ist in einem erbärmlichen Zustand und muss dringend saniert werden. Da die Steinerne Brücke allerdings bis heute als Buszubringer für den Ortsteil Stadtamhof dient, gibt es seit dem vergangenen Jahr heftige Diskussionen über eine Totalsperrung, obwohl die schweren Linienbusse die Fundamente der Brücke ruinieren.
Eine in Erwägung gezogene Ersatzbrücke über die Donau hatte die deutsche UNESCO-Kommission bereits 2005 abgelehnt: »Das historische Flusspanorama würde dadurch erheblich beeinträchtigt.« Zudem hat das Welterbe-Gremium in den vergangenen Jahren bereits zwei Mal bei deutschen Welterbestätten klar gemacht, dass mit Neubauten besonders sorgfältig umgegangen werden muss. Sowohl der Kölner Dom als auch das Dresdner Elbtal landeten wegen problematischer Bauprojekte auf der »Roten Liste« der gefährdeten Denkmäler; Köln konnte sich nur mit abgespeckten Plänen retten.

Artikel vom 14.07.2006