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Arminias neue Visitenkarte

Detlev Dammeier ist Talentspäher und besetzt beim DSC eine Nische

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Aus seinem Bürofenster in der DSC-Geschäftsstelle hat Detlev Dammeier einen tollen Blick in die SchücoArena. Sechs Jahre spielte er hier für Arminia Bielefeld professionell Fußball. Seit 1. Juli hat er einen neuen Arbeitsplatz. Der 37-Jährige wirkt jetzt im weitesten Sinne im operativen Geschäft des Vereins mit.

Geschäftsstelle, dritte Etage: Hier arbeiten die, die beim DSC für den Profi-Unterbau zuständig sind. Dammeier teilt sich ein Büro mit Amateur- und Jugendleiter Peter Krobbach, der früher selbst Profi bei Arminia war, und mit dem neuen A-Jugendtrainer Christian Böers. Einen eigenen Schreibtisch gibt es für Dammeier noch nicht, ebenso wenig wie eine exakte Definition für den Job, den er jetzt macht. »Ich bin erstmal zum Reinschnuppern hier«, sagt er.
Dammeier soll eine Nische besetzen, will Schnittstelle sein zwischen Profis und denen, die Profi werden wollen. Er soll mitentscheiden, wer das Zeug hat zum Bundesligaspieler. Aber das ist längst nicht alles. »Ich werde versuchen, junge, talentierte Fußballer so früh wie möglich für Arminia zu gewinnen, damit sie nicht in Dortmund, Schalke oder anderswo landen.« Früh bedeutet konkret, bevor die Spieler die Schwelle zur U15 übertreten. Hintergrund ist eine Vereinbarung der Lizenzvereine, nach der von diesem Zeitpunkt an keine Kinder mehr abgeworben werden dürfen. Es sei denn, der abwerbende Verein zahlt eine Entschädigung.
Weil Arminia genau das wegen chronischer Geldknappheit aber unbedingt vermeiden und trotzdem konkurrenzfähig bleiben will, gilt es, schneller zu sein als andere. Im Wettbewerb mit den Großkopferten der Branche erhofft sich der Verein vom Namen Dammeier einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Der Armine: »Es ist doch normal, dass es auf Kinder und Eltern eine Wirkung hat, wenn die merken: Aha, da interessiert sich einer für mich beziehungsweise unseren Sohn, der selbst viele Jahre Profi gewesen ist.«
Es kommt in diesen Tagen häufiger vor, dass sich der Ehemann und Vater zweier Töchter an seine eigene Jugend als kleiner Kicker mit großen Träumen zurückerinnert. Dammeier: »Das hilft mir, mich in die Lage der Kinder zu versetzen.« Kürzlich habe er ein Gespräch geführt mit einem Jungen, »der erst nicht zu uns kommen durfte und jetzt nicht mehr kommen will. Das ist schade, aber man muss auch die Psyche der Kinder verstehen. Wenn sie nicht wollen, darf man sie nicht zwingen. Dann heißt es: Lieber warten und später einen neuen Versuch unternehmen.«
Arminia kann in Gesprächen mit Talenten im Gegensatz zu größeren Vereinen nicht mit einem Fußballinternat argumentieren. Detlev Dammeier sieht hierin keinen Nachteil. »Viele Kinder möchten gar nicht in ein Internat, ich wollte das damals auch nicht. Die sind lieber zu Hause, brauchen die vertraute Umgebung, um sich zu entwickeln. Eine gute Ausbildung bekommen sie bei uns trotzdem. Wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.«
Die Hälfte seiner Arbeitszeit, vermutet Dammeier, wird er draußen sein, wird Spiele und Spieler beobachten, Kontakte pflegen und Kontakte knüpfen. Die übrige Zeit wähnt er sich im Büro. »Natürlich bin ich lieber draußen unterwegs«, gesteht er. In dieser Woche hat er die Bundesliga-Profis, die Oberliga-Amateure und die Bundesliga-A-Junioren im Training beobachtet. »Ungefähr 15 Gesichtern der A-Junioren kann ich schon einen Namen zuordnen. Ich habe den Jungs bei der Begrüßung gesagt: Seid bitte nicht böse, wenn ich nicht gleich alle Namen weiß.« Bis zum Saisonbeginn im August will er sie alle kennen. Dammeier wird enorm viele Fußballspiele sehen. Darum erklärt er: »Mein Lebensrhythmus ändert sich nicht besonders. Die Höhepunkte sind weiter an den Wochenenden, wenn die Spiele sind.«
Bis seine Arbeit Früchte trägt, kann es ein Weilchen dauern. »Das erste halbe Jahr sehe ich als Kennenlernphase. Danach möchte ich stärker Einfluss nehmen.« Dammeiers Vertrag gilt für ein Jahr. Im Winter soll die Perspektive besprochen werden. Gut möglich, dass er eines Tages Trainer wird. »Den B-Schein habe ich. Das heißt, im Jugendbereich dürfte ich jede Mannschaft trainieren. Den A-Schein habe ich für 2007 ins Auge gefasst.« Es dürfte klar sein, dass Arminia ihm keine Steine in den Weg legen wird.

Artikel vom 14.07.2006