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800 Meter Schiene kosten 650 000 Euro

Gleisarbeiten an der Hauptstraße liegen im Zeitplan - Geschäftsleute klagen über Flaute

Von Peter Monke und
Markus Poch (Fotos)
Brackwede (WB). Die Erneuerung der Stadtbahngleise an der Hauptstraße schreitet zügig voran. »Wir liegen voll im Zeitplan«, sagt Bauleiter Volker Quest von moBiel. Er hofft, den derzeit gesperrten Abschnitt von der Haltestelle »Brackwede Bahnhof« bis zur Haltestelle an der Gaswerkstraße am 24. Juli wieder für den Durchgangsverkehr freigeben zu können. Die Stadtbahn wird aufgrund einer weiteren Baustelle im Bereich der Artur-Ladebeck-Straße erst vom 7. August an planmäßig verkehren - rechtzeitig zum Beginn des neuen Schuljahres.

Kosten von insgesamt 650 000 Euro wird allein die 400 Meter lange Baustelle in Brackwede bis zu ihrer endgültigen Fertigstellung verschlingen. Nötig wurden die Arbeiten, weil die bisherige Konstruktion nicht auf das höhere Gewicht der heutigen Straßenbahnwagen ausgelegt war. »Die Gleise sind größtenteils mehr als 25 Jahre alt und haben uns in der Vergangenheit oft Probleme bereitet«, sagt Wolfgang König, Sprecher der Stadtwerke Bielefeld. Immer wieder seien Teile der Schienen abgesackt, was sich wiederum negativ auf das Straßenpflaster ausgewirkt habe. Deshalb sei die grundlegende Sanierung zwingend erforderlich.
70 Zentimeter tief wurde der Gleiskörper in den vergangenen Wochen ausgekoffert. Als Fundament sollen eine 30 Zentimeter dicke Schicht aus Schotter sowie eine 20 Zentimeter dicke Tragschicht aus Asphalt den Schienen langfristig mehr Halt geben. Die beiden Trassen liegen dabei künftig 40 Zentimeter weiter auseinander als bisher. Schließlich soll von 2010 an in Bielefeld eine neue Generation von Straßenbahnwagen über die Schienen rollen, und die sind 35 Zentimeter breiter als die momentan betriebenen Fahrzeuge. »Deshalb haben wir die beiden Schienenstränge jeweils um 20 Zentimeter nach rechts und links verschoben«, sagt Quest.
Derzeit werden die Gleise millimetergenau ausgerichtet und fest mit der Tragschicht verschraubt. Verbleibende Hohlräume sollen anschließend mit einer Abdichtungsmasse ausgefüllt, der Hohlraum zwischen den Schienen außerdem mit Beton ausgegossen werden. »Bei diesen Arbeiten sind wir extrem vom Wetter abhängig«, erklärt Quest. Da die Abdichtungsmasse bei der Verarbeitung bis zu 200 Grad heiß sei, könne sie derzeit nur nachts aufgebracht werden, denn tagsüber würden sich die Schienen durch das warme Wetter schon zu stark ausdehnen. Für die Betonarbeiten sei das aktuelle Klima hingegen ausgesprochen gut, da die graue Masse so wesentlich schneller aushärte. »Ich hoffe inständig, dass wir in den nächsten Tagen keine Gewitter und vor allem keinen Regen bekommen, denn sonst könnte der Zeitplan doch noch gehörig durcheinander gewirbelt werden.«
Versiegelt wird die Fahrbahn letztlich mit einer weiteren Schicht Asphalt. Sie ersetzt das alte, geriffelte Pflaster, was zu einer deutlichen Reduzierung des Verkehrslärms führen dürfte, da die Fahrgeräusche eines Autos auf Asphalt geringer sind.
Wann der verbleibende Teil der Stadtbahnstrecke von der Gaswerkstraße bis zur Bartholomäus-Kirche ausgebaut wird, steht aktuell noch nicht fest. »Innerhalb der nächsten fünf Jahre wollen wir damit aber fertig sein«, sagt König. Schwierig gestaltet sich dieser Abschnitt vor allem für die vielen Geschäftsleute an der Hauptstraße, die um Kunden und Umsatz fürchten. Frank Becker, Vorsitzender der Werbe- und Interessengemeinschaft Brackwede (WIG), glaubt, dass mit dem Ausbau der Trasse »eine Katastrophe auf den Brackweder Einzelhandel zukommt, die in ihrem Ausmaß noch nicht absehbar ist«. Viele Geschäftsleute würden aktuell unter einer Flaute leiden. Welchen Anteil Faktoren wie die Fußball-WM, das warme Wetter, Urlaubszeit und die Teilsperrung der Hauptstraße jeweils hätte, könne er zwar nicht sagen, aber es sei derzeit ohne Zweifel weniger Verkehr zu verzeichnen.
Becker plädiert für eine weitere Aufteilung des Ausbaus in zumindest zwei Bauabschnitte. Er schlägt vor, den ersten bis zur Germanenstraße reichen zu lassen. Vorteil dieser Vorgehensweise sei, dass die Hauptstraße über verschiedene Stichstraßen zumindest erreichbar bliebe. Ablehnend äußerte er sich zu Überlegungen, in Höhe der Volksbank oder des Modehauses Kolck einen Hochbahnsteig einzurichten. »Eine solche Maßnahme käme einer Zweiteilung der Hauptstraße gleich und steht aus Sicht der Kaufmannschaft nicht zur Diskussion.«

Artikel vom 13.07.2006