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Von denen da unten und jenen ganz oben

Sat1 startet Sonntag neue Serie »Unter den Linden«

Sat1, Sonntag, 19.15 Uhr: Herrliche Zeiten, 1906! Für Kaiser Wilhelm II. lag Deutschlands Zukunft auf dem Wasser, Autos zuckelten mit Tempo 30 über die Landstraßen und mussten in Ortschaften laut hupen, damit die Fußgänger beiseite springen konnten.

Europa 1906: In Berlin regiert die Schokoladenfabrikantendynastie derer von Gravenhorst. Wenigstens in der Serie »Unter den Linden - das Haus Gravenhorst«, die nun startet. »Hut ab vor dem Mut des Senders, uns gleich 13 Folgen produzieren zu lassen«, rühmt Produzent Jan Kromschröder. »Wenn man uns grünes Licht für nur eine Folge gegeben hätte, um das Ganze erstmal ausprobieren zu können, hätten wir das Risiko nicht wagen dürfen. Jetzt aber konnten wir einen Set bauen, der sich gleich in allen Teilen verwenden ließ.« Nur so könnten sich die beträchtlichen Kosten einer Kostümserie amortisieren. Kromschröder: »Trotz des großen Aufwands - wir brauchten Kutschen, Pferde, die Kostüme waren sehr teuer - liegen wir so nicht weit über dem üblichen Level.«
Die Idee, unter anderem inspiriert durch das britische »Haus am Eaton Place«, hatte Autor Christian Pfannenschmidt (»Girlfriends«) schon im Jahr 2004. Der Grundgedanke: Hier gibt es noch ein Unten und ein Oben, hier die großbürgerliche Herrschaft mit allem Geld und vor allem Dünkel, dort das Dienstpersonal.
Zwei Frauen stehen für die eine wie für die andere Seite, jedoch beide jeweils eher untypisch: Die im Haus aufgenommene Anna (Annekathrin Bach) arbeitet sich hoch und ersetzt sogar die Köchin beim Superschmaus zu Ehren des herannahenden kaiserlichen Besuchs. Tochter Friederike, gespielt von Nina Bott, will am liebsten Medizin studieren und sich ihren Partner nicht von den Eltern auswählen lassen, gute Partie hin oder her. Sie verliebt sich in den Kutscher Hermann (Thomas Wlaschiha), einen Mann weit unter ihrem Stand.
Die neue Serie erscheint wie eine Mischung aus ein wenig »Buddenbrooks« von Thomas Mann und einem deftigen Schuss Hedwig Courths-Mahler. Produzent Kromschröder fasziniert an jener Zeit, »dass es eine große Zeit des Umbruchs war«. Ob er damals gern gelebt hätte, weiß er nicht so genau: »Wenn, dann aber lieber im Dienstboten-Souterrain als in der Beletage.« Darauf lief auch manche Diskussion am Set hinaus: »Niemand wollte gern zu den kalten, protzigen Herrschaften gehören, alle wollten lieber Dienstbote sein.« Schon weil sich dort die dankbareren Rollen finden.

Artikel vom 15.07.2006