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Millionenstrafe für Microsoft

EU will Software-Giganten zu mehr Wettbewerb zwingen

Brüssel (Reuters). Im Dauerstreit mit Microsoft hat die EU-Kommission erneut eine Strafe in Millionenhöhe verhängt und damit den Druck auf den weltgrößten Softwarekonzern erhöht. Microsoft kündigte umgehend eine Klage gegen die Entscheidung an.

Die EU-Wettbewerbsbehörde belegte das US-Unternehmen mit dem Zwangsgeld in Höhe von 280,5 Millionen Euro dafür, dass es mehr als zwei Jahre alte Auflagen nicht befolgt habe. Zugleich drohte sie gestern für die Zukunft noch höhere Strafen an.
Entgegen der EU-Entscheidung vom März 2004 habe Microsoft anderen Softwareherstellern keine vollständigen Informationen geliefert, damit diese ihre Serverprogramme problemlos mit Microsoft-Betriebssystemen verbinden können. Die Kommission verhängte für die Zeit seit dem 15. Dezember 2005 eine tägliche Buße von 1,5 Millionen Euro. Der Höchstsatz hätte bei zwei Millionen Euro gelegen. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte, auch große Unternehmen wie Microsoft müssten sich an die Regeln halten. »Kein Unternehmen steht über dem Gesetz.« Wichtiger noch als die Höhe des Zwangsgeldes sei das Signal, das von ihr ausgehe. Die Strafe ist die erste überhaupt, die die Europäische Union (EU) in ihrer Geschichte wegen der Nichtumsetzung von Auflagen verhängt.
Sollte Microsoft weiterhin gegen die Auflage verstoßen, kann das Bußgeld von August an nach der Entscheidung der Kommission auf drei Millionen Euro täglich ansteigen. Die neue Strafe wurde zusätzlich zu der Buße von knapp 500 Millionen Euro verhängt, die die EU-Kommission bereits 2004 beschlossen hatte, weil Microsoft seine marktbeherrschende Stellung missbrauche.
Microsoft hat dagegen ebenso geklagt wie gegen die Auflagen. Ein Urteil im Hauptstreit steht noch aus. Dabei geht es um den Vorwurf, dass Microsoft seine marktbeherrschende Stellung bei Betriebssystemen ausnutze, um Anbieter anderer Programme zu verdrängen. Neben der Auflage, Schnittstelleninformationen für Server offen zu legen, ordnete die EU an, Windows ohne das Medienabspielprogramm Media Player anzubieten. Die abgespeckte Version wird dem Unternehmen zufolge aber kaum nachgefragt.
Kroes zeigte sich zuversichtlich, dass Microsoft nun bald die Auflagen erfüllen werde. In den vergangenen drei Wochen seien zahlreiche Unterlagen von Microsoft bei einem unabhängigen Treuhänder eingegangen, der technische Informationen auf ihre Brauchbarkeit prüfen soll, sagte Kroes. Etwa die Hälfte des Materials liege jetzt vor.
Microsoft habe 300 Mitarbeiter abgestellt, um die EU-Forderungen zu erfüllen. Der Treuhänder werde die Unterlagen einem Praxistest unterziehen und dann zu einem Ergebnis kommen. Microsoft muss bis zum 18. Juli insgesamt 64 technische Protokolle liefern, die die Verknüpfung verschieder Programme ermöglichen. 15 davon wurden noch nicht geliefert, 17 wurden Microsoft zu Nachbesserungen zurückgeschickt.
Microsoft wies die Vorwürfe zurück und kündigte eine Klage vor den EU-Gerichten in Luxemburg an. Die Strafe sei nicht gerechtfertigt. Microsoft bemühe sich seit zwei Jahren, die Auflagen der Kommission zu erfüllen. Zudem betonte der Softwareriese, man habe der EU-Kommission Vorschläge zu Vista unterbreitet.

Artikel vom 13.07.2006