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Bundeswehr-Hightech
im rollenden Brutkasten

Einsatz des »Kinder-Intensiv-Mobils« hat sich bewährt

Von Gerhard Hülsegge
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). »KIM« hat Geburtstag. Vier Jahre wird das Kinder-Intensiv-Mobil der Berufsfeuerwehr und des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld (EvKB) in diesen Tagen alt. Nach 50000 Kilometern hat das jüngste »Kind« des Rettungswesens das Laufen gelernt, bereits mehr als 1800 Früh- und Neugeborenen in vielen Fällen das Leben gerettet.

»Die Zusammenarbeit mit dem Kinderzentrum der Krankenanstalten Gilead in Bethel hat sich mehr als bewährt«, sagt Dr. Hans-Peter Milz (50), Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Bielefeld. Zwischen 500 und 600 Einsätze pro Jahr belegen, wie unentbehrlich der Mercedes Sprinter ist zum besonders schonenden Transport und optimierter Versorgung beim Verlegen von Babys, die das Licht der Welt unter medizinisch schwierigen Umständen erblicken.
Das an der Hauptfeuer- und Rettungswache Am Stadtholz stationierte Fahrzeug bietet alles, was nötig ist, um den »Frühchen« auf dem Weg ins Neugeborenen-Zentrum die beste medizinische wie menschliche Zuwendung zuteil werden zu lassen. Herzstück der Ausrüstung ist ein Transportinkubator (rollender Brutkasten), mit dessen Hilfe der Wachstumsprozess des Babys bei geregelter Luftfeuchtigkeit und Temperatur unter kontrollierten Außenbedingungen gewährleistet werden kann. Der ausfahrbare Tragetisch quer zur Fahrtrichtung nimmt jeder Bodenwelle ihre schmerzhafte Wirkung, weil er mit Stoßdämpfern versehen ist, die im Panzer getestet wurden, um die Kanone nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Nottrage, Klimaanlage, Mobiltelefon, Druckluft-, Sauerstoff- und Absauggeräte, EKG, Kühl- und Wärmefächer sind Standard, ebenso wie der Notfallkoffer. »Trotzdem ist jedes Fahrzeug eine Sonderanfertigung«, betont Jörn Bielinski (34) vom Rettungsdienst. Besetzt ist das Kinder-IntensivMobil mit zwei Rettungsassistenten, einem Kinderarzt und einer Kinderkrankenschwester. Eine fünfte Sitzgelegenheit besteht für Mütter oder Auszubildende. Transportiert werden Früh- und Neugeborene aus Kliniken in ganz Ostwestfalen, um in das Kinderzentrum nach Bethel gebracht zu werden. »Nur in Ausnahmefällen wie bei schwierigen Hausgeburten steuern wir auch Privatwohnungen an«, erklärt Dr. Milz.
100000 Euro hat das Spezialfahrzeug gekostet, finanziert von den Krankenanstalten und der Stadt Bielefeld. Eine Investition, die sich bezahlt gemacht hat. Entlastet »KIM« doch auch den übrigen Fuhrpark. 150 »Spitze« sind freilich selten angesagt. »Die Bürger werden uns auch mit 30 Stundenkilometern und Blaulicht durch die Stadt fahren sehen«, betont Bielinski. Denn nicht Schnelligkeit, sondern dem Patienten angepasste Fahrweise ist gefordert.
237 Mal war das Kinder-Intensiv-Mobil - anderswo auch Baby-Notarztwagen oder Storchen-Mobil genannt - in diesem Jahr von Januar bis Juni unterwegs. Nur einmal mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 2005 leistete der Rettungsdienst in Bielefeld insgesamt rund 38000 Einsätze, der Notarzt war mehr als 8500 Mal gefordert. »In diesem Jahr mussten wir bereits zu 11670 Notfällen ohne Notarzt und Krankentransport ausrücken«, so der stellvertretende Feuerwehrchef Rainer Kleibrink (47) gestern zum WESTFALEN-BLATT. Das sind 75 Einsätze mehr als in der ersten Hälfte des Vorjahres.

Artikel vom 13.07.2006