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Allzu lange ist Politik über statt mit den Migranten gemacht worden.

Leitartikel
Integrationsgipfel

Aus dem
Tiefschlaf
aufgewacht


Von Dirk Schröder
Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. Auf kaum ein Thema passt dieses Sprichwort so treffend wie auf die Ausländerpolitik in Deutschland. Der christdemokratische Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stellt selbstkritisch große Versäumnisse in der Integration der letzten Jahrzehnte fest. Und auch die SPD tritt jetzt für eine »realistische Integrationspolitik ohne Angst und Träumereien« ein.
Wahr ist, die Union hat noch zu ihrer Regierungszeit in den 90er Jahren die Augen vor der Realität verschlossen. Eine Integrationspolitik, die diesen Namen verdient hätte, hat nicht stattgefunden. Man war ja offiziell kein Einwande-rungs-Land. Aber auch die Sozialdemokraten müssen sich sagen lassen, dass sie - beeinflusst von den Grünen - mit dem Begriff »multikulturelle Gesellschaft« von den Integrationsproblemen abgelenkt haben, statt sie zu lösen.
Dass die Grünen immer noch von »Multikulti« träumen, muss nicht weiter überraschen. Angst machen muss es aber auch nicht, denn wer hört denn noch hin, wenn eine wie stets uneinsichtige Grünen-Chefin Claudia Roth immer noch nicht in der Wirklichkeit angekommen ist? Es sind nicht die Sozialdemokraten, wie Roth weismachen will, die ein Problem mit der Zukunftsfähigkeit haben. Es ist ihre eigene Partei.
Die Integrationspolitik wacht endlich aus ihrem Tiefschlaf auf. Auch wenn es auf dem Papier so aussieht, als seien Union und SPD in der Sache immer noch meilenweit voneinander entfernt, gibt es doch Anzeichen dafür, dass sich beide Seiten aufeinander zu bewegen.
Für Freitag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nun zu einem Integrationsgipfel ins Kanzleramt eingeladen. Es sieht so aus, als sollte dies ein Startschuss sein für weitere Integrationsmaßnahmen, auch wenn man an das Treffen nicht allzu große Erwartungen stellen sollte. Mehr als ein Show-Gipfel wird es aber schon sein.
Richtig und eigentlich auch selbstverständlich ist es, dass Vertreter der Zuwanderer und Muslime eingeladen sind. Allzu lange ist Politik über statt mit den Migranten gemacht worden.
Vollzogen werden muss künftig der »Wechsel von einer passiven zu einer gestaltenden Zuwanderung«, wie dies Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm fordert. Vorrangig aber ist es, all die Zuwanderer, die schon bei uns leben, besser einzubinden.
An dieser Stelle aber müssen auch die Zuwanderer erheblich stärker gefordert werden. Die Erklärung der Bundesregierung zur Integration setzt erheblich deutliche Pflöcke. Die Bereitschaft, das Grundgesetz und die gesamte Rechtsordnung zu akzeptieren, muss ebenso selbstverständlich sein wie das Erlernen der deutschen Sprache. Und Deutschkurse für Ausländerkinder schon im Kindergarten sind doch Voraussetzung dafür, dass sie in der Schule mitkommen, eine Ausbildung erhalten, einen Arbeitsplatz finden.
Die Mängel bei der Integration sind erkannt, nun heißt es, sie abzustellen. Der Integrationsgipfel muss ein Anfang sein.

Artikel vom 12.07.2006