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Internet puscht
Versandhandel

Seit vier Jahren wieder mehr Umsatz

Frankfurt (Reuters). Der deutsche Versandhandel erwartet 2006 ein Ende der jahrelangen Durststrecke. Weil die Deutschen wegen der höheren Mehrwertsteuer 2007 Käufe vorziehen, rechnen die Unternehmer zum ersten Mal seit vier Jahren wieder mit einem Umsatzwachstum.

Optimistisch stimmt sie zudem der boomende Internethandel. Der Abwärtstrend im klassischen Katalogversand setzt sich dagegen ungebremst fort. Trotzdem würden die Einnahmen der Branche im laufenden Jahr voraussichtlich um 3,0 bis 3,5 Prozent steigen, sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Versandhändler, Rolf Schäfer, in Frankfurt. Die 235 Mitgliedsunternehmen hätten von Januar bis Juni ein Umsatzplus von drei Prozent verzeichnet.
»Unser größter Wachstumsmotor ist der Onlinehandel«, sagte Schäfer. Zehn Jahre nach Beginn der kommerziellen Nutzung des Internets werde in der Branche inzwischen jeder dritte Euro online umgesetzt. Reine Internet-Händler legten nach Schäfers Angaben beim Umsatz im vergangenen Jahr um 19,8 Prozent auf knapp drei Milliarden Euro zu. Eine bedeutende Rolle spielten auch die kommerziellen Nutzer (»Power-Seller«) der Auktionsplattform Ebay. Sie setzen in Deutschland 2005 zwei Milliarden Euro um. Teleshopping-Angebote legten um 15,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zu.
Schäfer rät den Unternehmen, Katalog und Internet-Auftritt zu verbinden. »Wir gewinnen durch E-Commerce neue Kunden«, sagte er. Der traditionelle Katalogversand nimmt dagegen weiter ab. Universalversender wie Quelle, Neckermann und Otto verloren nach Verbandsangaben im vergangenen Jahr neun Prozent Umsatz, die Spezialversender 1,1 Prozent. Die Folge war, dass die Branche im vergangenen Jahr insgesamt 1,2 Prozent Umsatz verlor, nach einem Rückgang um 3,4 Prozent im Jahr 2004. Im laufenden Jahr soll das Minus im Kataloggeschäft mit 3,5 Prozent geringer ausfallen.
Auf das Jahr 2007 blickt Schäfer skeptisch. »Das wird kein leichtes Jahr«, sagte er. Viele Versandhändler könnten die höhere Mehrwertsteuer nur zum Teil an ihre Kunden weiter geben. »Die Laufzeit vieler gedruckter Kataloge geht über den 1. Januar hinaus, eine Preiserhöhung ist deshalb nicht möglich«, erklärte der Verbandspräsident, der im Hauptberuf Chef des Modeversands Schwab in Hanau ist.
Der deutsche Versandmarkt wird nach einer neuen Untersuchung des Marktforschungsunternehmens TNS Infratest auf 26 Milliarden Euro geschätzt. Dies sind sechs Milliarden Euro mehr als das Statistische Bundesamt und der Bundesverband bislang berechnet hatten.

Artikel vom 11.07.2006