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Landwirt Fothen
ackert erfolgreich

Ein junger, wilder Gerolsteiner

Bordeaux (dpa). Seine Lehre zum Landwirt dauerte drei Jahre. Die Ausbildung zum Toursieger könnte schneller gehen. Markus Fothen vom Team Gerolsteiner ist auf Rang fünf des Gesamtklassements nach zehn Tagen Tour de France die große Überraschung der 93. Auflage.

Bei seinem Debüt hat der 24-Jährige, der im Schweinemastbetrieb seiner Eltern eine abgeschlossene Ausbildung absolvierte, das Podium im Visier. Auch in der Team-Hierarchie hat Fothen (»Ich will einmal die Tour gewinnen«) bereits einen großen Schritt nach vorne geschafft.
»Wir sind zu dritt«, sagte sein Kapitän Georg Totschnig, der Fothen zusammen mit Levi Leipheimer zum Führungszirkel im Rennen zählt. Der ehemalige Armstrong-Helfer Leipheimer, der nach seiner Enttäuschung im Zeitfahren kaum noch Hoffnungen auf den erträumten Toursieg hat, adelte seinen jungen Team-Kollegen: »Er ist cool, hat kein bisschen Angst vor der Tour und eine große Zukunft vor sich.« Im Zeitfahren am Samstag in Rennes nahm der U-23-Weltmeister von 2003 seinem Chef Leipheimer über 52 Kilometer 4:12 Minuten ab.
»Dieses Jahr wäre ein Toursieg vielleicht noch ein bisschen früh«, scherzte Fothen. Das Beispiel Jan Ullrich zeige, dass zu früher Erfolg auch schlimme Folgen zeitigen könne, sagte Fothen, der sein Gesellenstück im Vorjahr mit Rang zwölf beim Giro d'Italia ablieferte. Die nun im Schatten stehende Lichtgestalt des deutschen Radsports war zum Karriere-Start des Landwirts »mein Idol«. Die Jahre 1996 und 1997 (Ullrichs Toursieg) hätten bei Fothen vor dem Fernsehgerät für Gänsehaut-Stimmung gesorgt.
Aber wenn der frühere T-Mobile-Kapitän überführt wäre, hätte er »kein Mitleid«. Mit sich selbst ist Fothen beim Thema Doping im Reinen: »Ich bin froh, beruhigt schlafen zu können. Die 'Jungen Wilden', wie unsere Nachfolge-Generation manchmal bezeichnet wird, sind anders groß geworden.«
Fothen fände es schön, »mit Erfolgen bei den Fernseh-Zuschauern vielleicht auch ein Mal Gänsehaut auslösen« zu können. Das Gelbe Trikot leuchtet zwar erst am Horizont, aber immerhin trägt er schon mal Weiß für den besten Nachwuchsfahrer der Tour. Für den Fall, dass sich der Höhenflug fortsetzt, versprach das Talent, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben: »Ich bleibe der, der ich bin. Ich werde mich nicht verstellen«.

Artikel vom 11.07.2006