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Dreiste Diebe zerstören wertvolle Glaspokale

50 000 Euro Schaden im Kreismuseum Wewelsburg

Von Marion Neesen
Kreis Paderborn/Wewelsburg (WB). Entsetzen und Fassungslosigkeit prägten gestern die Stimmung unter den Mitarbeitern im Kreismuseum Wewelsburg. Mit unvorstellbarer Dreistigkeit haben dort am Sonntagnachmittag unbekannte Diebe versucht, vier wertvolle Glaspokale aus dem 18. Jahrhundert aus einer Vitrine zu stehlen. Dabei gingen sie mit solch brachialer Gewalt vor, dass das kostbare Kulturerbe nur noch ein Scherbenhaufen und für immer verloren ist.

Während am Sonntagnachmittag im Burgdorf Wewelsburg fröhlich Schützenfest gefeiert wurde, gingen im Kreismuseum die Diebe ihrem zerstörerischen Werk nach und verursachten einen materiellen Schaden in Höhe von mindestens 50 000 Euro.
Nach Auskunft von Michaela Pitz vom Kreis Paderborn befinden sich die Vitrinen im Kellergeschoss des Südflügels der Wewelsburg, so dass die Täter offensichtlich kurze Zeit unbeobachtet waren.
Diese Gelegenheit nutzten sie nach Ermittlungsstand der Polizei, um vermutlich mit einem historischen Zangenwerkzeug, das früher bei der Herstellung von Glasgefäßen zum Einsatz kam und ebenfalls im Museum ausgestellt ist, die Vitrine aufzubrechen. Dabei fielen die gläsernen Einlegeböden aus ihren Halterungen, so dass die Pokale aus der Barockzeit unwiederbringlich zu Bruch gingen. Anschließend versuchten die Täter offenbar noch, einzelne Glasstücke aus der zerstörten Vitrine zu ziehen, ergriffen dann aber die Flucht.
Erst am Montagmorgen entdeckten Mitarbeiter das ganze Ausmaß der Zerstörung und des unwiederbringlichen Verlustes.
»Wir sind entsetzt, wütend und traurig zugleich«, erklärte gestern Museumsleiter Wulff E. Brebeck. Die insgesamt zehn Pokale waren im Juni 2000 in einer beispiellosen Kooperation ostwestfälischer Museen für knapp 300 000 D-Mark erworben worden. Unterstützt von den Fördervereinen Kreismuseum Wewelsburg und Diözesanmuseum Paderborn, der Stiftung Heimat- und Kulturpflege NRW sowie dem Kreis Paderborn und verschiedenen Sponsoren hatte sich eine Bietergemeinschaft auf den Weg nach London gemacht, um das heimatliche Kulturerbe bei Sotheby's zu ersteigern.
Gegen starke japanische Konkurrenz hatte man sich damals durchgesetzt und die Pokale aus der Sammlung des Grafen Bocholtz-Asseburg Hinnenburg in die Heimat, das Hochstift Paderborn, geholt.
Seit Generationen ist die Familie Bochholtz-Asseburg auf der Hinnenburg in Brakel ansässig. Die Glaspokale waren in der Glashütte Emde bei Brakel, die von 1727 bis in die 80er Jahre des 18. Jahrhunderts Gläser von herausragender Qualität herstellte, gefertigt worden. »Der ideele Wert ist schlicht nicht messbar. Hier wurde mit brachialer Gewalt innerhalb weniger Minuten jahrhundertealtes Kulturgut unwiederbringlich zerstört. Das ist nicht zu fassen«, sagte Brebeck.
»Die Pokale sind Teil der heimatlichen Identität, deshalb war es damals so wichtig, das Kulturgut in den Kreis Paderborn zu holen«, ist auch Michaela Pitz erschüttert. Mit Hilfe der Polizei und der heimischen Bevölkerung will der Kreis Paderborn nun auf die Spur der Tätet kommen. Wer Hinweise auf den Tathergang geben kann, sollte sich an die Paderborner Polizei unter der Rufnummer 05251/3060 wenden.

Artikel vom 12.07.2006