10.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die WM-Bilanz
Hart
am
Ball

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Die Weltmeisterschaft der großen Gefühle. Die Weltmeisterschaft der außergewöhnlichen Stimmung. Nur der Fußball hat da meist nicht mithalten können. Das galt auch gestern Abend im reichlich lahmen Finale, in dem Italien und Frankreich nur selten Passagen aus dem Hochglanzalbum zu bieten hatten. Der Kopfstoß von Zinedine Zidane löste Entsetzen aus: Der scheidende Star wollte im letzten Spiel seiner Karriere den Titel, aber statt dessen verlor er die Nerven. Es war die hässlichste Note am Ende einer spielerisch enttäuschenden WM.
Zum Schluss des Turniers ist damit noch einmal so richtig klar geworden, wie wertvoll der Beitrag der Deutschen auch auf dem Platz gewesen ist. Sie haben keine einzige schlechte Partie abgeliefert. Nicht ein einziges Mal gab es Anlass, ihnen die Ohren lang zu ziehen. Sicher haben sich auch bei der Mannschaft von Bundestrainer Jürgen Klinsmann die Gewichte später verlagert - stärker hin zur Ordnung, ein Stück fort von der reinen Angriffslehre. Aber wie beseelt sie sich durch ihre Heim-WM bewegte, wie sie mit ihrem Fußballherz sieben Spiele und zwei Zugaben lang die Anhänger mitriss, verdient höchsten Respekt. Schon deswegen, weil diesen Vier-Wochen-Marathon niemand sonst derart konstant bewältigte.
Auch die Endspielpartner schwächelten. Italien wäre fast gegen die USA und später im Achtelfinale gegen Australien gestolpert. Frankreich sah in der Vorrunde nach zwei Unentschieden schon seine Finalfelle davonschwimmen. Die Brasilianer versuchten irgendwie hobbymäßig, ihren Titel zu behalten. Bei Argentinien verzockte sich Trainer Pekerman beim Auswechseln gegen Deutschland. Die Engländer enttäuschten, die Holländer waren schnell wieder zu Hause. Spanien? Es hätte was werden können. Vielleicht beim nächsten Mal.
Den Titel machten die Mittelmeernachbarn unter sich aus. Beide stehen für eine Ökonomie des Spiels, die der couragierten Klinsi-Combo viel zu langweilig erschien. Mag aber sein, dass darum der Titel flöten ging.

Artikel vom 10.07.2006