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»Musste aus großer Höhe
auf den Bahnsteig springen«

70-Jährige kritisiert »unhaltbare Zustände« in Brackwede

Brackwede (oh). Der »Absprung«, den Helga Brockpähler vor knapp drei Wochen am Ende einer Zugfahrt von Münster nach Brackwede auf dem Bahnhof ihrer früheren Heimatstadt machte, war eher unfreiwillig. Und zudem höchst gefährlich, wie die 70-Jährige findet.

»Mit meinen fast 70 Jahren hatte ich keine andere Wahl beim Verlassen des Zuges, als von einer beträchtlichen Höhe aus auf den Bahnsteig zu springen«, prangert Helga Brockpähler die Aussteigesituation an. Schon vor 20 Jahren, als sie noch in Brackwede gelebt habe, hätte sie die viel zu hohe Tritthöhe vom Zug zur Bahnsteigkante schriftlich bei der Bahn moniert. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie damals nämlich eine Frau - nach deren missglücktem Aussteigen - zwischen Zug und Bahnsteigkante herausgezogen, schildert sie den spektakulären Grund für ihre damalige, erste Beschwerde.
Die sei jedoch ohne Erfolg gewesen, wie sich jetzt gezeigt habe. »Ich musste feststellen, dass in all den Jahren in dieser Beziehung nichts geändert worden ist«, kritisiert die Seniorin, die sich nun erneut in einem Brief an die Deutsche Bahn über die »unhaltbaren Zuständen auf dem Bahnhof« wandte. Habe sie selbst den »Absprung« noch einigermaßen gut überstanden, so treffe das nicht auf alle zu. »Mein 77-jähriger Mann hätte als Schwerbehinderter mit seinem künstlichen Kniegelenk dieses keinesfalls riskieren können«, schreibt sie.
Bei der Deutschen Bahn AG nimmt man Helga Brockpählers Beschwerde sehr ernst. »Wir bedauern die Probleme sehr, die Frau Brockpähler beim Aussteigen hatte«, sagt Pressesprecher Peter Grundmann vom Deutsche Bahn-Bereich Kommunikation im Regionalbüro NRW. »Aber das Ganze ist ein historisches Problem. Es hat sich durch die unterschiedlichen Bahnsteig- und Fahrzeugeinstiegshöhen, die in der Vergangenheit gebaut wurden, ergeben.«
Heute werden bei Neubauten oder Renovierungen nur noch höhere Bahnsteige gebaut, die das von Helga Brockpähler geschilderte Problem nicht mehr aufkommen lassen. Solche Anpassungen der Bahnsteige müssten aber finanzierbar sein und geschähen deshalb nur streckenweise nach einem Renovierungsprogramm, das politisch bestimmt werde.
Grundmann: »Brackwede ist leider auf absehbare Zeit nicht im Programm.« Die Bedingungen am Brackweder Bahnhof entsprächen dennoch allen Sicherheitsbedingungen. Denn dafür gebe es Regeln und Vorschriften, die natürlich eingehalten und vom Eisenbahnbundesamt als eine Art TÜV überwacht würden.

Artikel vom 08.07.2006