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Federer bändigt den
Zauberlehrling Nadal

Schweizer gewinnt zum vierten Mal in Wimbledon

London (dpa). Der Rasenkönig Roger Federer regiert weiter in Wimbledon. Doch zeitweise rüttelte Kronprinz Rafael Nadal gestern bedrohlich an seinem Thron.

Im Traumfinale der Tennisgiganten aber bändigte der Schweizer den Rasenlehrling aus Spanien schließlich souverän und holte bei den All England Championships seinen vierten Titel in Serie. Zugleich revanchierte er sich mit dem 6:0, 7:6 (7:5), 6:7 (2:7), 6:3 für die finale Niederlage bei den French Open vor vier Wochen.
»Viermal das bedeutendste Tennisturnier zu gewinnen, ist außerhalb dieser Welt. Ehrlich gesagt, hatte ich Rafael nicht im Finale erwartet. Aber er hat gezeigt, wie gut er auch auf Rasen ist. Es war ein hochklassiges Match«, sagte Federer. Es war sein achter Grand-Slam-Sieg, und er bekam dafür 944 000 Euro. Der zweimalige Paris-Sieger Nadal kassierte nach seiner ersten Niederlage im dritten Grand-Slam-Endspiel noch 472 000 Euro und meinte: »Ich habe mich unheimlich verbessert und will hier auch mal gewinnen. Ich hoffe, ich spiele nächstes Jahr nicht wieder gegen einen wie Roger.«
»Rasen ist eben Rogers Belag«, sagte der Final-Neuling Nadal schon vor der Partie im windigen London, die zunächst zu einer Lehrstunde für den an Nummer 2 Gesetzten wurde. Obwohl er in dieser Saison der einzige ist, der Federer geschlagen hat - viermal und das jeweils in Finals -, startete Nadal übernervös. Ohne jede Chance verlor er den ersten Satz in 24 Minuten und gab dabei so oft seinen Aufschlag ab wie im ganzen Turnier zuvor noch nicht.
Zwar kämpfte sich der 20-jährige Mallorquiner vor 13 800 begeisterten Zuschauern in unnachahmlicher Manier zurück ins Match und nahm Federer sogar den ersten Satz des Turniers ab, doch an der Fortschreibung der Superlativ-Liste konnte er Federer, der auch bei den Gerry Weber Open in Halle in diesem Jahr seinen vierten Erfolg in Serie gefeiert hatte, letztlich nicht hindern: Im 48. Match auf Rasen blieb der Weltranglistenerste ungeschlagen. Als einziger Profi neben Björn Borg (1976 bis 1980) und Pete Sampras (1997 bis 2000) triumphierte er viermal hintereinander. Nadal freilich deutete an, dass der vor 40 Jahren siegreiche Manuel Santana nicht auf ewig der einzige Wimbledonsieger aus Spanien bleiben muss . . .
Andre Agassi und die fast 50 Jahre alte Martina Navratilova feierten in den vergangenen zwei Wochen einen tränenreichen Abschied von Wimbledon. Der 34-Jährige, der in der dritten Runde an Nadal scheiterte, und die neben Steffi Graf erfolgreichste Spielerin beenden am Jahresende ihre Karrieren. Beide gingen ohne weiteren Titel, aber umjubelt wie Sieger.
Die 16 deutschen Tennisprofis enttäuschten einmal mehr. Nur Thomas Haas und Philipp Kohlschreiber schafften den Sprung in die dritte Runde. Anna-Lena Grönefeld versagte im Einzel und bezahlte die Dreifachbelastung im Einzel, Doppel und Mixed mit neuerlichen Schmerzen im operierten linken Sprunggelenk. Nun fehlt die deutsche Nummer 1 beim Fedcup-Abstiegsspiel in China am kommenden Wochenende.

Artikel vom 10.07.2006