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Von Michael Schläger

Bielefelder Optik

Der Klinsi-Effekt


Alle sprechen über den »Klinsi-Effekt«. Wie es Bundestrainer Jürgen Klinsmann geschafft hat, die Fußball-Nationalmannschaft wieder auf Vordermann und bis ins Halbfinale zu bringen. Wie Ballack, Lehmann & Co. es gelungen ist, das ganze Land in Feierlaune zu versetzen.
Die ist auch auf Bielefeld übergesprungen. Tausende bejubelten nach Spielende in der Innenstadt die Siege der Mannschaft. Und zuletzt ließen sich sogar die ostwestfälisch-zurückhaltenden Offiziellen dazu bewegen, auf dem Jahnplatz ein »Public Viewing«-Areal einzurichten. Auch in unserer Stadt ging auf einmal etwas, was alle für »unmöglich«, »zu teuer« und »nicht umsetzbar« gehalten hatten. Auch hier hat sich etwas bewegt.
Jetzt, zum Ende der Fußball- WM, fragen sich alle, was bleiben wird vom neuen Geist, der vier Wochen lang das Land erfasst hat. Lässt sich etwas herüberretten vom »Es geht noch was«-Gefühl?
Zu wünschen wär's. Auch in einer Stadt wie Bielefeld. Und auch in der Kommunalpolitik. In Bielefeld gab es schon die große Rathaus-Koalition, als in Berlin noch niemand davon sprach. Und hier haben sich die Koalitionäre verkracht, noch bevor es in Berlin zum Zerwürfnis über die Gesundheistreform kam. Dass im Moment keiner ohne den anderen kann, diese Einsicht hat sich verflüchtigt.
Aber auch da können die Politiker von Klinsi lernen. Vor jedem Spiel legt er in der Kabine eine CD von Soulmusiker Xavier Naidoo ein. »Der Weg« heißt das Lied, mit dem sich die Mannschaft auf die kommenden 90 Minuten einschwört. »Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer«, heißt es darin. Die Spieler nehmen die Botschaft an und geben auf dem Spielfeld, was sie können. Warum soll das nicht auch in der Politik möglich sein?

Artikel vom 08.07.2006