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Baldessarini bald Herforder?

Ahlers bietet für die Top-Marke -ÊVerhandlungen auch mit Pierre Cardin

Von Bernhard Hertlein
Herford (WB). Raus aus dem Eterna-Hemd, rein in den Top-Anzug von Baldessarini? Bei Ahlers in Herford und bei Boss in Stuttgart wollte am Freitag niemand zu dem neuesten Gerücht über einen möglichen Erwerb der Luxus-Kleidermarke Stellung nehmen.
Top-Designer Werner Baldessarini war bis 2002 Vorstandschef von Boss.

Schon beim Verkauf der erfolgreichen Eterna-Hemdenproduktion, für die Ahlers bei der Alpha-Finanzgesellschaft immerhin 120 Millionen Euro erlösen konnte, ist über ein weitergehendes Engagement in einem anderen Markensegment spekuliert worden. Baldessarini würde das Angebot der Herforder (Otto Kern, Jupiter, Andy Illien, Gin Tonic, Sisignora, Pioneer) nach oben abrunden. Die exklusive Marke wird bundesweit nur in etwa 100 Herrenbekleidungs-Shops angeboten, darunter bei Manfred Krückels in Bad Oeynhausen und demnächst bei Lösekann in Bielefeld. Als Designer steht der Münchner Baldessarini ohne Wenn und Aber zu seinem Stil. »Da gehe ich keine Kompromisse ein - auch wenn wir viel mehr Umsatz machen könnten«, sagte er erst kürzlich der Zeitschrift »Maxim«.
Im vergangenen Jahr soll sich dieser Umsatz auf etwa 17 Millionen Euro belaufen haben -Êzu wenig für Deutschlands führenden Herrenausstatter, die Boss AG im schwäbischen Metzingen. Deren Vorstandsvorsitzender Bruno Sälzer hat deshalb angekündigt, sein Unternehmen wolle sich von der Marke, die den Namen seines Vorgängers Werner Baldessarini trägt, trennen. Behalten will Boss nur die Lizenzrechte für die Parfum-Marke des gleichen Namens; deren Umsatz wird auf 40 Millionen Euro geschätzt.
Bei dem Bieter-Wettbewerb sind nach einem Bericht des »Handelsblatts«Êjetzt nur noch zwei Unternehmen im Rennen. Neben Ahlers sei dies der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Ihm gehören unter anderem die Firma Le Coq Sportif und der französische Fußballclub Olympique Marseille. Aus dem Rennen ausgeschieden sei der Hongkonger Modekonzern Egana-Goldpfeil, zu dessen Portefolio unter anderem die Marken Joop und Salamander gehören.
Der Kaufpreis für die Modemarke Baldessarini dürfte nach Branchenschätzungen auf keinen Fall die zehn Millionen Euro überschreiten. Es sei unklar, ob Boss mit der Tochterfirma jemals schwarze Zahlen erwirtschaftet habe.
Sicher um eine viel höhere Summe geht es in einem anderen Bieterwettbewerb, in den Ahlers ebenso verwickelt ist. Der französische Modedesigner Pierre Cardin, inzwischen 83-jährig, will offenbar sein wirtschaftliches Erbe regeln. Angeblich steht das gesamte Imperium zum Verkauf. Ahlers als Hauptnehmer der Bekleidungslizenz in Europa muss ein grundlegendes Interesse daran haben, dass der künftige Käufer nicht an der Gebührenschraube drehen oder die Lizenz ganz einziehen wird. Am besten wäre es aus Herforder Sicht, Ahlers würde selbst alle Rechte an Pierre Cardin erwerben. Doch das wird sicher kein leichtes und vor allem kein billiges Unterfangen. Nicht nur der Geschmack, auch die Geschäftstüchtigkeit des Franzosen sind fast sprichwörtlich.

Artikel vom 08.07.2006