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Maike Dienes als »Femme fragile« zwischen ihren Entwürfen aus hochwertigen Naturfasern.

Liebeserklärung an
exotische Rassetauben

FH-Absolventen stellen ihre Diplomarbeiten aus


Von Sabine Schulze (Text)
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Die Installation wirkt von außen wie eine Baustelle. Innen jedoch entpuppt sie sich als roter Salon. Musik von Bach erklingt, an den Wänden - jede Menge Tauben.
Eine Raritätensammlung in Goldrahmen, »eine Liebeserklärung an die deutsche Taube, die zu unrecht als Ratte der Lüfte bezeichnet wird«, so Tobias Kresse, habe er abgeben wollen. Dazu hat er 70 von 2000 Form- und Farbschlägen bei Rassegeflügelschauen fotografiert und sich intensiv mit der Symbolkraft der Vögel auseinandergesetzt. Das Reizvolle: Alle Vögel hat er vor schwarzem Hintergrund aufgenommen, die Fotografien wirken zum Teil wie Gemälde, so dass sich der Betrachter fragt, ob sie tot oder lebendig, artefiziell oder echt sind.
Kresse ist einer von 51 Absolventen am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld, die gestern und heute ihre Diplomprüfungen ablegen. Im Rahmen einer Ausstellung präsentieren sie heute ab 18 Uhr, am morgigen Samstag von 11 bis 18 Uhr und am Sonntag von 11 bis 17 Uhr in der Lampingstraße ihre Abschlussarbeiten.
Die Recherchen für die Arbeiten, so Dekan Prof. Dr. Martin Deppner, seien oft fundamental gewesen, viele Themen setzen sich bei ganz unterschiedlicher Herangehensweise auch theoretisch mit Gestaltung auseinander.
Ganz der freien Malerei hat sich Silke Bartram gewidmet, den Blick aus dem Aktsaal der FH in den Rosengarten abstrahiert und auf dem Boden einer Garage großformatige Gemälde mit klaren Farben geschaffen. Die Japanerin Maki Shimizu hat dagegen in Mischtechnik »Meine Haustiere« - Schafe, Hahn oder Hase - festgehalten. Die Anregung dazu erhielt sie durch ein Buch aus den 50ern, das ihr vor drei Jahren, kaum in Deutschland angekommen, in die Hände fiel. »Mit einem kleinen Berliner Verlag will ich es jetzt neu herausbringen«, erzählte sie.
Die Frauenfrage in der Mode ist das Thema der frischgebackenen Modedesignerinnen Maike Dienes und Stefanie Schmidt. Während die eine die »Femme fragile« einkleidet und substanzlose Traumwesen schaffen will, setzt die andere auf die »Femme fatale«: mit viel Schwarz, lasziv und selbstbewusst. »In der Mode fehlt die klare Identifikation« meint Dienes. Das »Cross-dressing« sei ein Griff in die Trickkiste. »Stimmiger ist eine konsequente Handschrift.«
Mit der kulturellen Konnotation der Geschlechter in der Mode hat sich Alexander Kistel in »biconvex« auseinandergesetzt, einen vollständigen Auftritt - inklusive Anzeigenkampagne, Internetseite und Geschäftsausstattung - hat Daniela Edler für »Gasp«, den Sauerstoff in Dosen, geschaffen, das Placebo-Produkt »Slomo« (für »slow moment«), einen Zeitentschleuniger für die gestresste Frau, bewirbt Nicole Sprekelmann in Heile-Welt-Szenarien der 60er Jahre. Wer mit Muße durch die Ausstellung geht, wird viel entdecken.
Wie es gute Tradition ist, gibt es erneut einen kleinen Führer, dieses Mal in Form eines Fächers. Gestaltet wurde er von den Studentinnen Meike Lütkemöller und Silke Nehring - professionell, ästhetisch und funktionell, wie Prof. Uwe Göbel betont. »Triplex« heißt der Ausstellungsbegleiter, der auf die drei Grundfarben und die drei Studienrichtungen - Fotografie und Medien, Mode sowie Grafik und Kommunikationsdesign - anspielt.

Artikel vom 07.07.2006