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Israels Armee dringt weiter vor

Erstmals Bodengefechte - 15 Tote - UN-Menschenrechtsrat wird aktiv

Gaza (Reuters). Anderthalb Wochen nach Beginn der Geisel-Krise im Gazastreifen haben sich die israelische Armee und palästinensische Extremisten gestern erstmals Bodengefechte geliefert. Dabei wurden auf palästinensischer Seite 15 Menschen getötet, darunter mindestens drei Zivilisten.
Israel besetzte im Norden des Küstengebiets eine Pufferzone. Neben einer Freilassung des verschleppten Soldaten will Israel ein Ende palästinensischer Raketenangriffe durchsetzen, die seit dem Abzug aus dem Gazastreifen im Sommer vergangenen Jahres zugenommen haben. Der israelische Verteidigungsminister Amir Perez erklärte, die gegnerische Seite müsse wissen, dass Israel jedes Gebiet erreichen könne.
Ein heftiges und anhaltendes Gefecht entwickelte sich im Westen der Stadt Beit Lahija im Norden des Gazastreifens, in den die israelische Armee mit Panzern einrückte. Dabei wurden Angaben der regierenden Hamas-Bewegung zufolge zwei Miliz-Angehörige getötet. Zudem kam ein Zivilist durch ein israelisches Panzergeschoss ums Leben. Die Familie des Mannes sagte, der Panzer habe auf Extremisten gezielt, die Panzerabwehrraketen abgeschossen hätten.
Bei einem Luftangriff in dem Gebiet wurden fünf Menschen getötet. Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichtete, auch ein israelischer Soldat sei in der Region von einem palästinensischen Heckenschützen erschossen worden. Zwei Israelis seien verletzt. Die israelische Armee erklärte, drei ihrer Soldaten seien verwundet worden, einer davon schwer.
Auf Seiten der Palästinenser kämpften die Miliz der regierenden Hamas, der Islamische Dschihad und die Al-Aksa-Brigaden, die zur Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas gehören. Wie die Panzer nahmen auch israelische Kampfhubschrauber die Positionen der Extremisten unter Beschuss. Die israelische Armee wies zurück, dass sie mit Panzern nach Beit Lahija eingedrungen sei.
In der Nacht hatte Israel bei Beit Lahija drei Siedlungen besetzt, die es im Rahmen seines Abzugs aus dem Küstengebiet vor zehn Monaten verlassen hatte. Das besetzte Land soll als Pufferzone dienen, um den Abschuss weiterer Raketen radikaler Palästinenser auf Israel zu unterbinden. Niemand solle Israels Rückzug aus dem Gazastreifen als Garantie dafür nehmen, »dass wir Gebiete, in denen wir nach unserer Einschätzung eingreifen müssen, nicht erreichen können«, sagte Verteidigungsminister Perez.
Die Regierung hatte eine Ausweitung der Gaza-Offensive angeordnet, nachdem Extremisten in den vergangenen Tagen erstmals auch die israelische Großstadt Aschkelon mit Raketen beschossen hatten. Bei einem Luftangriff im Süden des Gazastreifens wurden Augenzeugen zufolge zwei Zivilisten getötet. Neun weitere Menschen seien verletzt worden, darunter auch radikale Palästinenser, sagten die Zeugen weiter.
Die Armee erklärte, der Angriff habe Extremisten gegolten, die bei der Stadt Chan Junis sieben Panzerabwehrraketen auf israelische Kräfte abgefeuert hätten. Aus diesem Gebiet heraus hatten palästinensische Extremisten am 25. Juni einen Überfall auf einen israelischen Militärposten verübt und einen Soldaten verschleppt, den sie seither in ihrer Gewalt halten.
Bei einem weiteren Luftangriff wurde ein Hamas-Extremist getötet. Seit Beginn der Offensive Anfang vergangener Woche wurden mindestens 16 Palästinenser getötet, die meisten davon waren Extremisten.
UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte Israelis und Palästinenser vor einer Eskalation der Krise. »Die Situation ist gefährlich und könnte explosiv sein.« Der UN-Menschenrechtsrat ordnete eine dringliche Überprüfung der Lage im palästinensischen Gazastreifen an. Eine Erkundungs-Kommission soll nun in den Gazastreifen reisen und umgehend über etwaige israelische Menschenrechtsverletzungen berichten.

Artikel vom 07.07.2006