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Ärzte proben den Aufstand

Erstmals Warnstreiks an Krankenhäusern in Ostwestfalen-Lippe

Herford (WB/del/pes). In Ostwestfalen-Lippe haben gestern erstmals Ärzte kommunaler Krankenhäuser gestreikt. Insgesamt legten 200 Mediziner in Gütersloh, Herford und Minden die Arbeit für mehrere Stunden nieder, in anderen Städten gab es Solidaritätsaktionen.
Ärztestreik auch am Städtischen Klinikum Gütersloh. Foto: Delker
Geregeltere Arbeitszeiten, mehr Geld, weniger Bürokratie: dafür gingen die Ärzte gestern auf die Straße. Die Warnstreiks am Kreisklinikum Herford, am Klinikum Minden und am Städtischen Klinikum in Gütersloh dauerten bis zu vier Stunden. Visiten wurden abgesagt, Operationen mussten verlegt werden. Notfälle wurden aber sofort behandelt.
30 Ärzte des Krankenhauses Lübbecke versammelten sich zu einer 30-minütigen Solidaritätskundgebung, am Klinikum Ravensberg in Halle (Kreis Gütersloh) verteilten 20 Mediziner eine Stunde lang Flugblätter an Patienten und Besucher.
»Die Auswirkungen auf Patienten waren minimal, auch finanzielle Einbußen hat dieser Tag den Krankenhäusern noch nicht beschert«, erklärte Dr. Hans-Ulrich Schröder, Oberarzt am Kreisklinikum Herford und Mitglied im Landesvorstand der Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB). Sollte es nicht bald zu einer Einigung mit den öffentlichen Arbeitgebern kommen, müsse mit ganztägigen Streiks gerechnet werden: »Und die sind spürbar.«
Heute werden die Tarifverhandlungen wieder aufgenommen. Der Marburger Bund und die Vereinigung kommunaler Arbeitgeber (VKA) treffen sich in Düsseldorf zu Gesprächen. Die Verhandlungen waren am 9. Juni ohne Ergebnis abgebrochen worden, die Streiks hatten am 26. Juni begonnen. Für die 70 000 Ärzte an den 700 städtischen Krankenhäusern und Kreiskliniken fordert die Ärztegewerkschaft einen eigenen, arztspezifischen Tarifvertrag, mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. VKA-Präsident Thomas Böhle stellte gestern einen »fairen Kompromiss« in Aussicht. Allerdings könne sich die VKA Lohnkostensteigerungen von 15 bis 20 Prozent nicht leisten, wie sie der MB bei den Uniklinik-Ärzten durchgesetzt hatte. Böhle zeigte sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen bis zum Wochenbeginn beendet sein könnten.
Insgesamt hatten gestern in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen und im Saarland in 76 städtischen Kliniken und Kreiskrankenhäusern 11 600 Mediziner ihre Arbeit befristet niedergelegt. Ostwestfalen-Lippe

Artikel vom 07.07.2006