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Zidane vor Krönung -
nur ein Fado für Figo

Die Abschiedsbegegnung der zwei Weltstars

Von Klaus Lükewille
München (WB). Nachher war Figo Zidane. Und Zidane war Figo. Der Portugiese trug die 10 auf dem Rücken, der Franzose ging mit der 7 vom Platz. Und, Ehrensache, sie hängten sich die verschwitzten Hemden nicht nur locker über die Schulter, nein, beide streiften sie sofort über.

Noch eine Umarmung, dann trennten sich die sportlichen Wege. Zinedine Zidane (34) geht mit Frankreich ins Finale und anschließend in den Ruhestand. Luis Figo (33) spielt mit Portugal um Platz 3 - und dann noch ein, zwei Serien bei Inter Mailand.
Den Trikottausch hatten die Weltstars vorher abgesprochen. Da war bereits klar, dass es an diesem Abend nur einen Sieger geben konnte. Figo nahm die 0:1-Niederlage gelassen hin: »So ist das im Fußball: Mal gewinnt man, mal verliert man. Und nicht immer darf am Ende der Bessere jubeln. Aber ich gratuliere Zinedine, ich wünsche ihm im Finale viel Glück.« Die Herren kennen sich, die Herren schätzen sich. In vier gemeinsamen Jahren bei Real Madrid wurden aus Kollegen Freunde. Wie sie sich in München schon vor dem Anpfiff herzten, wie Zidane sofort besorgt herbeieilte, als Figo einmal angeschlagen behandelt werden musste - das waren Zeichen echter Verbundenheit. »Figo ist ein großer Spieler«, sagt Zidane. Aber der Franzose ist noch ein paar Zentimeter größer - nicht nur laut Reisepass.
Weltmeister 1998, Europameister 2000. Und jetzt winkt die Krönung: Seine letzte Partie ist ein Endspiel. Zidane hat sich selbst in dieses Berliner Finale geschossen. Mit einem eiskalt verwandelten Elfmeter. Das sind die Fußballmärchen, die man nicht schöner erfinden kann. Ein großer Spieler steht am Ende seiner Karriere und könnte noch einmal den Gipfel erklimmen. »Jetzt sind wir so weit gekommen, jetzt wollen wir auch den Pokal aus Deutschland mitnehmen«, forderte Zidane.
Nach dem schwachen Start hatte kaum einer den Franzosen diesen finalen Weg noch zugetraut. Nur 0:0 gegen die Schweiz. Nur 1:1 gegen Südkorea. Zidane sah zwei gelbe Karten und fehlte beim 2:0 gegen Togo. Da wurde er 34. Es gibt schönere Geburtstage. Aber die Feiertage sollten noch kommen. Gleich dreifach. Und immer hatte Zidane entscheidenden Anteil daran. Gegen Spanien setzte er den Schlusspunkt zum 3:1, gegen Brasilien lieferte er den Freistoß, den Thierry Henry zum goldenen Tor verwerten konnte. Und gegen Portugal war der Kapitän persönlich für den Treffer des Tages verantwortlich. Mit einem Schuss aus elf Metern.
In der Schlussphase dieser Partie, als Fernando Meira die letzte Chance der Portugiesen in den Münchener Abendhimmel gejagt hatte, blickte auch Zidane mit geschlossenen Augen einen Moment nach oben. Ein stiller Dank? Freund Figo hingegen hatte ein paar Minuten vorher entsetzt die Hände vors Gesicht geschlagen: Er verschenkte die beste Möglichkeit für seine Mannschaft, als er die Kugel, die ihm Fabien Barthez wie ein Volleyballer vorgebaggert hatte, über den Kasten köpfte. Der oft verschlossen bis düster blickende portugiesische Kapitän, der als melancholischer Held für eine Filmrolle bestens geeignet wäre, räumte den Rasen mit tieftraurigem Gesicht. Fado für Figo. An ihm klebte das Trikot mit dem Namen Zidane. Das wird er immer in Ehren halten.
Als Erinnerung an einen denkwürdigen Fußballabend. München, der Schauplatz einer großen Abschiedsbegegnung. Und auch Zidane jubelte nicht lange, sondern verschwand mit ernster Miene in der Kabine. Ein Sieger, der seine goldenen Stiefel nur noch einmal schnüren wird - wenn es in Berlin um die goldene WM-Trophäe geht. Was für ein persönlicher Triumph, was für Endspiel!

Artikel vom 07.07.2006