08.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Von Matthias Meyer zur Heyde

Fußball
philosophisch

Was fehlte, war die Lichtgestalt


»Die Gesetze des Fußballs sind ewig und unerschütterlich«, behauptet Hein Blöd vom »Käpt'n-Blaubär-Club«, aber er hieße nicht Hein Blöd, wenn das, was er sagt, stimmen würde.
Stichwort: Lichtgestalt.
-Ê Die Lichtgestalt ist ein, wenn auch schwacher, Monochrom-Mutant.
-Ê Monochrom-Mutant? Quatsch!
-Ê Wieso Quatsch? Hören Sie doch bloß: »Lichtgestalt, wie hast du das Spiel gesehen?« - »Jo mei, mir homs oisnull g'mocht und bis zum Schluss g'haltn.« - »Vielen Dank für die Analyse, Lichtgestalt!«
-Ê Okay, überzeugt. Aber waren das nicht eben sogar zwei Mutanten im Gespräch?
Wie Sie meinen. Mutanten sind zwar nicht, wie Sie glauben, die Frauen der Muonkels, aber ihre Auftritte gehören zum »Sportschau«-Alltag. Sie werden übrigens gemerkt haben, dass dieser Text bislang franzbeckenbauerfrei war, und das soll er auch bleiben. »Die Lichtgestalt« ist nämlich der Titel des 2020. Heftes aus der »Perry Rhodan«-Reihe, der langlebigsten Science-fiction-Geschichte der Welt. Kaum war das Abenteuer um die Lichtgestalt Falo Gause (geboren 1276 NGZ/ Neue Galaktische Zeitrechnung) am 9. Mai 2000 n.Chr. am Kiosk aufgetaucht, rasteten die Science-fiction-Puristen aus: »Solltet ihr es wagen, nochmal so eine Sch... zu veröffentlichen, kündige ich mein ÝPerry-RhodanÜ-Abo!«
Es hat ihnen nix genützt. Das noch druckfrische Heft 2336 vom 26. Mai 2006 heißt »Das Wunder von Terra«, und auf dem Titelbild erkennt man die Raumschiffe der Stiftung Warentest, wie sie gerade die terranischen WM-Stadien angreifen.
Es nützt ihnen aber nix. Die Lichtgestalt schießt sie - schapapapengk - alle ab.
Auch der deutsche Fußball hat seine Lichtgestalt, die 1992 verstarb (ich sagte Ihnen ja: Dieser Text kommt ohne Franz aus): Hermann Neuberger, respektvoll »Herman the German« genannt. Der ehemalige DFB-Boss sorgte bei fünf WM-Turnieren dafür, dass Deutschland frühestens im Finale auf Italien treffen konnte.
Zur Weltmeisterschaft 1974 ließ Herman the German die Gruppen in einem 45-minütigen Blitzverfahren von Wolfhard Kuhlins (HR-Sportchef und ein Zwillingsmutant von Walter Baresel) auslosen. Wahrscheinlich wurde damals auch gleich das 0:1 gegen die DDR verabredet, damit Gerd Müller & Co. in die leichtere Zwischenrunde rutschen und Weltmeister werden konnten.
Um 2006 ähnliches zu verhindern, wurde die zweieinhalbstündige Auslosung von 25 Kameras (1974: sechs, einige davon kaputt) gefilmt. Und während die Augen aller auf die Lichtgestalt Heidi Klum gerichtet waren, flüsterte OK-Vizemutant Wolfgang Niersbach, der das Halbfinale gegen Italien kommen sah, verzweifelt ins Off: »Wir hätten die Auslosung auch bei mir im Büro machen können.«
Guter Versuch.

k Apropos schapapapeng: Was macht eigentlich der ehemalige Bayernspieler Jean-Pierre Papin?

Artikel vom 08.07.2006