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»Lippi wollte sich nicht auf das
Elfmeterschießen verlassen«

WB-Umfrage: Bielefelder Trainer zur deutschen Niederlage gegen Italien

Von Werner Jöstingmeyer
und Franz Braun
Bielefeld (WB). Das Daumendrücken am späten Dienstag Abend war vergebens. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verpasste in den Schlussminuten der Verlängerung den Einzug ins WM-Finale. Das WESTFALEN-BLATT befragte einige Bielefelder Trainer, wie sie die 0:2-Niederlage gegen Italien beurteilen.

Sven Moning (VfB Fichte): »Ich hätte David Odonkor und Oliver Neuville etwas früher gebracht. In der zweiten Halbzeit gab es eine Phase, wo der nötige Schwung fehlte. Hinzu kam, dass Miroslav Klose nicht mehr ganz frisch wirkte. Italien hat mich durch seine offensive Taktik beeindruckt. Trainer Marcello Lippi ist eben ein echter Fuchs. Meine Enttäuschung hält sich in Grenzen, weil mich ohnehin die taktische Ausrichtung der Teams mehr interessiert als das Ergebnis. Ich schaue jetzt mehr auf den 13. August. Da startet die Verbandsliga in die neue Saison 2006/2007.«
Jürgen Prüfer (TuS Dornberg): Für mich war das ein korrekter Ausgang. Das Spielverständnis und die Ballsicherheit war bei Italien einfach größer. Deutschland hat über weite Strecken einfach zu wenig gemacht. Die Italiener sind immer für ein Tor gut. Unsere Nationalmannschaft hat sich zu sehr auf das mögliche Elfmeterschießen verlassen. Insgesamt hält sich meine Enttäuschung in Grenzen. Ich bin nicht so emotional veranlagt. Ich schaue zwar sehr gerne die Länderspiele im Fernsehen, weil ich eben ein Fan des Fußballs bin.«
Andreas Brandwein (VfL Theesen): »Unter dem Strich war es ein verdienter Sieg der Italiener, die reifer und abgeklärter agierten. Sie waren schon vor dem Turnier mein großer Titelfavorit. Ich bin ein Vereinsmeier und eigentlich nur enttäuscht wenn Werder Bremen verliert. Unter dem Strich hat die Nationalmannschaft ein tolles Turnier gespielt. Allerdings ist die Spannung bei den Fans jetzt raus. Dies habe ich heute auch schon bei der Arbeit gemerkt. Von daher wäre es besser gewesen, wir wären ins Finale gekommen. Für die Zukunft hoffe ich, dass Jürgen Klinsmann weiter als Bundestrainer arbeitet.«
Marcus Patsch (TuS Jöllenbeck): »Für mich war es das bisher beste WM-Spiel. Der Sieg der Italiener war nicht unverdient, wenngleich die Niederlage der Deutschen in letzter Minute sehr bitter ist. Unsere Mannschaft war wahrscheinlich schon vom Kopf her mit dem möglichen Elfmeterschießen beschäftigt. Dass es dazu nicht gekommen ist, hat sich in den letzten drei, vier Minuten der Verlängerung angedeutet. Die deutsche Nationalmannschaft hat eine grandiose WM gespielt. Das Team konnte erhobenen Hauptes den Platz verlassen. Nach den guten Auftritten in den vorherigen Partien stieg die Euphorie ins Uferlose. Jetzt ist die Stimmung wohl ein bisschen abgeebbt.«
Hans Scholz (Teammanager DSC Arminia Amateure: »Es war kein schlechtes Spiel. Italien hat etwas kompakter gestanden. Bernd Schneider hätte das 1:0 machen müssen. Dann wäre die Partie anders verlaufen. Dennoch lagen die Spielanteile mit 60:40 bei Italien. Deutschland hat insgesamt eine tolle Weltmeisterschaft gespielt. Das hatte ich nicht erwartet. Phantastisch war zudem die Euphorie im Lande. Rein spielerisch war allerdings nicht alles Gold was glänzte.«
Markus Wuckel: (Frauentrainer des DSC Arminia): »Klinsmann ist ein junger Trainer und hat den Fehler gemacht, sich aufs Elfmeterschießen zu verlassen. Lippi ist dagegen ein alter Hase und hat die Entscheidung in der Verlängerung gesucht. Deutschland hat aber eine riesige WM gespielt.«
Carsten Lochmüller (VfL Ummeln): »Dieses Halbfinale war sehr stark von der Taktik geprägt. Beide Teams machten sehr wenig Fehler. Schade, dass Deutschland nach diesem tollen Turnier das Finale verpasst hat.«

Artikel vom 06.07.2006