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Ludewig: »Habe nie gedopt«

Steinhagener T-Mobile-Radprofi bestreitet fast alle Vorwürfe

Von Sören Voss
Steinhagen (WB). Er ist der Sympathieträger der Region und hat sich bei den Radsportfans in ganz Deutschland einen Namen gemacht. Doch seit vorgestern ist die weiße Weste von Jörg Ludewig beschmutzt.

Der Steinhagener ist unter Dopingverdacht geraten, weil er sich vor acht Jahren über leistungssteigernde Substanzen erkundigt hat. »1998 war ich Neuprofi bei Bayer Worringen. Jung und naiv. Es war eine schwierige Zeit für mich, in der ich private Probleme und gesundheitliche Rückschläge zu verkraften hatte. Es ging um meine Zukunft und meine Existenz«, berichtet der 30-Jährige.
Seit Montag liegt seinem T-Mobile-Team ein Schreiben vor (siehe Auszüge auf dieser Seite), in dem unmissverständlich Dopingmittel angefragt werden. Ludewig gibt zu: »Das Fax stammt zum Teil von mir. Allerdings sind einige Passagen nachträglich eingefügt, die nachweislich eine andere Handschrift haben. Die Randnotiz zum Thema EPO ist nicht von mir.«
Die Anschuldigungen der Fachleute, wonach Ludewig die medizinischen Präparate zur Leistungssteigerung auch angewendet haben soll, bedrücken den 30-Jährigen. Er gilt als »Sunnyboy« der Szene, immer einen coolen Spruch auf den Lippen. Doch beim Fernseh-Interview wirkt er eher wie ein Schwerverbrecher auf der Anklagebank. Dann die entscheidende Frage des Reporters: »Haben Sie jemals unerlaubte Mittel eingenommen?« Ludewig beteuert: »Ich habe nie gedopt! Gesundheitliche Risiken und weitere mögliche Konsequenzen haben früh genug meine ethische und moralische Einstellung zum Thema Doping langfristig und nachhaltig geändert. Ich habe alle Möglichkeiten und Schandtaten verworfen.«
In einer Presseerklärung lässt Ludewig außerdem verlauten, dass er das Vorgehen seines Rennstalles begrüßt: »Man geht offensiv und fair mit den Vorwürfen um. Für mein Fehlverhalten in jungen Jahren bitte ich um Verzeihung.«
Ob es für diese Beteuerung nicht schon zu spät ist, wird das T-Mobile-Team in Zusammenarbeit mit seinen Anwälten entscheiden. Nach der Suspendierung von Jan Ullrich und Oscar Sevilla in der vergangenen Woche ist der Rennstall allerdings dünnhäutig geworden, so dass dem Steinhagener in den nächsten Tagen nach nur sieben Monaten eine Kündigung von den Bonnern ins Haus flattern könnte. T-Mobile-Pressesprecher Christian Frommert bestätigte: »Uns liegt zwar kein Beweis für Doping vor, jedoch gibt uns allein der Hinweis auf die Absicht, Doping betreiben zu wollen, Anlass, den Sachverhalt zu prüfen.« Inwieweit sich dieser dann mit der klaren Linie, sauberen Radsport betreiben zu wollen, vereinbaren lässt, müsse untersucht werden, so Frommert.
Auch Ludewigs Anwalt André Ballay kann den Fall noch nicht hundertprozetig einschätzen: »Wenn Jörg bestritten hätte, dass er das Fax geschrieben hat, wäre er wohl schon suspendiert. Wenn er etwas Verbotenes eingenommen hätte auch. Jetzt ist fraglich, ob man jemanden ÝnurÜ für eine Anfrage bestrafen kann. Außerdem muss man bedenken, dass das Schreiben von 1998 ist. Zu der Zeit hatte Jörg mit T-Mobile noch nichts zu tun. Ich habe den genauen Arbeitsvertrag leider noch nicht gesehen. Aber die zentrale Frage ist, ob die Tatsachen ausreichen, um eine Kündigung aus einem Ýwichtigen GrundÜ aussprechen zu können.«
Für Hans-Michael Holczer, Ludewigs ehemaligen Teamchef bei Gerolsteiner (1999), gibt es nur eine Konsequenz: »Die Fakten sind eindeutig. Bei mir wäre er keine Minute mehr im Team.«
Währenddessen hofft der Beschuldigte aus der Angelegenheit noch einmal mit einem blauen Auge davon zu kommen. Jörg Ludewig unterstreicht: »Seit 1992 wurden bei mir circa 70 zum Teil unangemeldete Blut- und Urinkontrollen vorgenommen und alle waren negativ. Meine Blutwerte sind nachvollziehbar gleich bleibend und unauffällig. Ich distanziere mich vom Doping.«

Artikel vom 06.07.2006