05.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit dem Umsatz steigt die Gefahr

Wirtschaftskriminalität wächst in Deutschland -ÊKPMG: Firmen zu sorglos

Düsseldorf (dpa). Die Wirtschaftskriminalität hat in Deutschland nach Expertenschätzung weiter zugenommen. Zu diesem Schluss kommt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG nach der Befragung von Führungskräften in 420 Unternehmen und der Auswertung der Kriminalstatistik.

So sei jedes zweite Großunternehmen in den vergangenen drei Jahren Opfer wirtschaftskrimineller Handlungen geworden. Die Zahl der zufällig entdeckten Delikte sei dabei von 44 Prozent im Jahr 2003 auf 60 Prozent gestiegen. »Das ist eine dramatische Tendenz«, sagte Dieter John, Leiter von KPMG-Forensic, gestern in Düsseldorf.
Die Zahl der Strafanzeigen von Wirtschaftsdelikten stieg nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 9,9 Prozent auf fast 90 000. Diese Statistik könne aber durch einzelne Großverfahren mit tausenden Geschädigten verzerrt werden. Obwohl der Anteil der Wirtschaftsdelikte an der Gesamtzahl der Straftaten nur 1,4 Prozent ausmacht, gehe fast die Hälfte des volkswirtschaftlichen Schadens auf das Konto der Wirtschaftskriminalität: Im vergangenen Jahr waren es 4,2 Milliarden Euro.
Die Dunkelziffer wird von den Wirtschaftsprüfern auf 80 Prozent geschätzt: Auf jeden entdeckten kämen fünf unentdeckte Fälle. Die häufigsten Delikte sind der KPMG-Studie zufolge Diebstahl und Unterschlagung (82 Prozent), Untreue (51) und Betrug (40). Weniger häufig, aber mit weitaus höheren Schäden verbunden seien Korruption, die Fälschung von Finanzinformationen oder Kartellrechtsverstöße. Mit der Höhe des Umsatzes steige auch die Gefahr, von Wirtschaftskriminalität betroffen zu sein.
Meist seien eigene Mitarbeiter die Täter, in 18 Prozent der Fälle hätten sich mehrere von ihnen zusammengetan, um das Unternehmen zu schädigen. Nur gut jedes dritte Großunternehmen suche gezielt nach Frühindikatoren. John sprach sich dafür aus, kriminelle Handlungen in Unternehmen grundsätzlich auch strafrechtlich zu verfolgen. In 82 Prozent der in den Unternehmen aufgedeckten Fälle wurden laut Studie arbeitsrechtliche Schritte gegen die Täter eingeleitet. Allerdings waren nur in gut der Hälfte der Fälle auch straf- und zivilrechtliche Sanktionen angestrebt worden.

Artikel vom 05.07.2006