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Jesiden gegen Kosovaren:
»Ablöse« für die Tochter

Ethnischer Konflikt vor dem Amtsgericht vertagt

Bielefeld (uko). Ethnische Konflikte bescheren den Gerichten immer wieder Prozesse, die nur formal lösbar sind: Das Amtsgericht verhandelt derzeit den Fall eines Kurden jesidischer Herkunft, der in eine heftige Auseinandersetzung mit Kosovo-Albanern geriet.

Zu zwei Vorfällen soll es im Juli und September 2005 gekommen sein, in denen jeweils der Kurde Hassan Y. (Namen geändert) Opfer gewesen sein soll. Nachdem in der Kosovo-Sippe bekannt wurde, dass der 22-jährige Mann eine Liaison mit der Tochter des Hauses begonnen hatte, knöpften sich der Vater und der Bruder der 20-jährigen Ilana V. den Kurden vor.
Angeblich sollen sie am 19. Juli eine »Ablösesumme« in Höhe von 2 500 Euro für die Tochter gefordert haben. Sofern der Kurde nicht zahle, müsse er mit Repressalien rechnen. Man wolle seine »Wohnung in Klump hauen«. Hassan Y. zog es trotzdem vor, die Liebschaft fortzusetzen - ohne zu bezahlen. Anfang September soll es dann vor dem Haus der Kosovaren am Brackweder Stadtring zum offenen Konflikt gekommen sein. Vater Rodan V. und sein Sohn Sastin V. packten den unliebsamen potentiellen Schwiegersohn in spe am Schlafittchen, verfrachteten ihn in ein Auto und fuhren eine Runde um den Block herum. Dabei soll der Kurde zunächst bedroht und dann auch geschlagen worden sein.
Nach der Strafanzeige des Mannes ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Nötigung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung, gestern standen Vater und Sohn erstmals wegen der Vorfälle vor dem Amtsgericht Beide stritten die Vorwürfe ab. Erstens: Zwar sei es um die Summe in Höhe von 2 500 Euro gegangen, doch sei das Geld für »eine mögliche Abtreibung« vorgesehen gewesen. Und im Übrigen habe der Vater des jungen Kurden diesen Betrag zahlen wollen.
Zweitens: Man habe den Kurden »nur nach Hause gefahren«, also einen Freundschaftsdienst verrichtet. Bei der Ankunft an der Schillerstraße sei der Kurde dann zur Überraschung aller vom eigenen Vater verwemst worden. »Was willst du bei den Albanern, das sind doch Mohammedaner«, habe der Sippenchef seinem Sohn in dem Zusammenhang vorgeworfen.
Das vermeintliche Opfer glänzte gestern zum Prozessauftakt durch Abwesenheit. Amtsrichter Eckhard Krämer bezweifelte das vorgelegte Attest zwar, beraumte jedoch einen neuen Termin zur Verhandlung an und bemerkte sarkastisch: »Probleme zwischen Albanern und Kurden, das garantiert uns Arbeit . . .«

Artikel vom 07.07.2006